Das Investment: Eine Frage, drei Antworten: Das ist Ökonomie

sjb_werbung_das_investment_300_200Das Niedrigzinsumfeld führt unter Ökonomen zu heftigen Debatten. Wachstum, Inflation und Produktivität kommen nicht aus den Startlöchern. Warum das so ist, darüber scheiden sich die Geister.

Larry Summers, ehemaliger Chefökonom der Weltbank — insbesondere dafür bekannt, dass er die Theorie der säkularen Stagnation von 1938 wiederbelebt und aktualisiert hat — sieht die Hauptursachen der Null-Wirtschaft in der alternden Bevölkerung, die zu viel für den Ruhestand beiseitelegt, und im Mangel an Investitionen. Er verordnet der Weltwirtschaft weiterhin offene Geldhähne und öffentliche Investitionen in Infrastruktur. Durch den Bau von Straßen, Brücken sowie Bildungsausgaben werde kurzfristig die Nachfrage und langfristig die Produktivität angekurbelt. Für das weitere Vorgehen der Zentralbanken würde dies business as usual bedeuten, also erst einmal keine Zinserhöhungen. Ist dies der Weisheit letzter Schluss?

Eher nicht, legt die Sichtweise von Kevin Warsh, seinerseits Stanford-Professor und ehemaliger Fed-Gouverneur, nahe: Unmittelbar nach der globalen Finanzkrise, als die Wirtschaft am Rande einer Depression mit möglichen Ausmaßen wie in den 1930er Jahren stand, waren Zinssenkungen seiner Meinung nach die richtige Reaktion, da sie Konsum und Investitionen ankurbelten. Dies habe Investitionen angestoßen, die sonst erst später erfolgt wären. Die akute Phase sei nun aber vorbei. Der Patient sei heute stabil, denn Deflation und Rezession sieht Warsh als gebannt. Ein Fortsetzen der Behandlung, sprich weiterhin offene Geldschleusen, schade mehr, als dass es nutze. Konkret seien die Menschen durch niedrige Zinsen nämlich gezwungen, mehr Geld fürs Alter auf die Seite zu legen, um am Ende des Anlagehorizonts den gleichen Betrag zu erhalten. Die Preise von Vermögenswerten wiederum erhielten durch die langfristige Niedrigzinspolitik Auftrieb, wodurch echte Investitionen bei CEOs in den Hintergrund rückten.

Wieder anders sieht es Paul Volcker, Notenbankchef von 1979 bis 1987. Die Symmetrie ist des Pudels Kern, so der legendäre Ökonom. Die Zentralbanken verhielten sich weltweit asymmetrisch: Sie haben die Zinsen schnell gesenkt, sie aber, wenn überhaupt, nur allmählich wieder angehoben. Es sei wichtig, die Symmetrie wieder herzustellen, d.h. die geldpolitischen Bedingungen in gleichem Maße zu lockern und dann wieder zu straffen. Mit ihrem asymmetrischen Verhalten würden die Zentralbanken ihre Glaubwürdigkeit schwächen und den Finanzmärkten den Vorzug vor der Wirtschaft geben. Eine Zinsanhebung hätte negative Folgen für die Börsen, würde aber das Vertrauen in das System stärken. Laut Volcker könnte so klargestellt werden, dass die Fed nicht den Launen des S&P 500 folgt, sondern der Entwicklung von Arbeitsmarkt und Inflation, wie es ihr duales Mandat verspricht. Sie würde sich außerdem für die nächste Rezession rüsten, denn um die Zinsen morgen zu senken, müssen sie heute höher sein. Außerdem sei der Patient mittlerweile resistent gegen die zu lange verordnete Medizin. Die letzte Runde von Zinssenkungen und Anleihekaufprogrammen habe nicht viel zur Belebung der Volkswirtschaften beigetragen und die lange Niedrigzinsphase führe letztlich zu einem sehr instabilen Finanzsystem.

Bei dieser Vielfalt an Einschätzungen fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, wie weit die Meinungen unter den Mitgliedern des Offenmarktausschusses auseinandergehen dürften, wenn es wieder heißt: To hike or not to hike?

Über den Autor: Yves Longchamp ist Head of Research bei ETHENEA Independent Investors (Schweiz) AG. Mit seinem Team wertet er die makroökonomischen Zusammenhänge aus. Ihre Analysen fließen in die Investitionsentscheidungen des Fondsmanagements der Ethna Funds ein.

Mehr Informationen zu ETHENEA: ethenea.com
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Quelle: Das Investment

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