Das Investment: Insolvenz P&R: Starke Parallelen zur Magellan-Pleite und anderen Finanzdebakeln

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Rechtsanwalt Niels Andersen über die Pleite von P&R, Vergleiche mit früheren Untergängen. Außerdem erklärt er, wie sich geschädigte Anleger jetzt verhalten sollten. Nach rund 40 Jahren am Markt hat der Finanzdienstleister P&R – der größte Vermarkter von Seecontainern – am 15. März 2018 einen Insolvenzantrag gestellt. Für die 50.000 Anleger, die 3,5 Milliarden Euro in die praktischen Schiffsboxen gesteckt haben, hängen ihre Vermögenswerte damit zunächst in der Luft. Eingeweihte haben dieses Ereignis lange kommen sehen. Für mich zeichnen sich sogar starke Parallelen zur Insolvenz der Magellan Maritime Services – eines vergleichbaren Dienstleisters – vor knapp zwei Jahren ab. Die Pleite hatte im Juni 2016 den Markt erschüttert – allerdings lagen damals die wirtschaftlichen Dimensionen nur bei rund einem Zehntel.

Das Investitionsmodell schien so simpel aufgebaut zu sein, wie ein Schiffscontainer selbst: P&R verkaufte den Anlegern die Container, die dafür eine Art Eigentumszertifikat erhielten. Das Unternehmen mietete sie sofort gegen eine scheinbar auskömmliche Gebühr zurück und verlieh sie wiederum an die großen Charterer und Linienreedereien weltweit weiter – von denen P&R die Einnahmen organisierte und einen Teil davon an die Anleger weitergab. Soweit die Theorie. Offenbar stimmte jetzt die Kalkulation nicht mehr. Die erzielten Erlöse von P&R reichten wohl nicht mehr aus, um das Geschäft – auch durchgeführt über eine Reihe von Tochtergesellschaften – am Laufen zu halten und den Investoren die versprochenen Einkünfte auszuzahlen.

Meine Kanzlei und ich beobachten Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestments genau. Erst jüngst habe ich in dem Buch „Unter falscher Flagge: Wie Banken und Reeder Schiffsfonds versenken – und der Steuerzahler Schiffe finanziert.“ meine Erkenntnisse zu geschlossenen Schiffsfonds veröffentlicht. Obwohl es sich hier um verschiedene Anlagemodelle handelt, gibt es doch zahlreiche Parallelen zu den Schiffscontainern: Letztlich nicht haltende Versprechungen zu Erlösprognosen gegenüber den Anlegern und teilweise sehr verworrene Firmenstrukturen – beides möglicherweise zulasten der Investoren.

In punkto P&R sollten Anleger in den nächsten Wochen zunächst einmal Ruhe bewahren: Der Insolvenzverwalter und das Insolvenzverfahren selbst bieten einen gewissen Schutz. Das deutsche Recht sorgt hier für die erfreuliche Möglichkeit, den Betrieb trotz zwischenzeitlicher Zahlungsunfähigkeit aufrechtzuerhalten – um Ansprüche, Rechte, Forderungen und Vermögenswerte für Gläubiger, also vorliegend gerade zu Gunsten der Anleger, zu sichern. Wichtig ist allerdings, sich ausführlich die genaue Konstruktion und den Aufbau vom P&R und seinen vielen in der Gruppe verbundenen Firmen anzuschauen. Ebenso zentral ist die Klärung der Eigentumsverhältnisse: Denn die Anleger gehen davon aus, dass ihnen die Container wirklich gehören. Schließlich haben sie dafür auch ein Zertifikat erhalten. Wie sich das in der Realität gestaltet, muss nun schnellstens geklärt werden. Tatsächlich sind reale Eigentumswerte vorhanden. Jedem Anleger sind seine Container auch direkt zugeordnet. Sie sind irgendwo auf der Welt unterwegs, liegen in Häfen oder warten auf eine Vermietung. Faktisch kommen Investoren aber nur sehr schwer an die Container heran, obwohl es rein theoretisch möglich wäre, allerdings unter hohem Aufwand, wie Erfahrungen aus dem Magellan-Debakel gezeigt haben. Ratsam ist es ohnehin nicht, zumal in der Regel Mieteinnahmen da sind. Diese gehen jedoch leider erst einmal auf das Konto der insolventen P&R. Daher ergibt sich die für Investoren paradoxe Situation, dass es einen laufenden Markt gibt, Erlöse existieren, ein Anleger aber nicht an sie herankommt.

Interessen bündeln

Es ist zunächst wohl davon auszugehen, dass das Geld für die Container-Investoren im Fall von P&R nicht ganz verloren sein dürfte – erst recht nicht bei Anlegern, die schon mehrere Jahre engagiert sind. Es liegen jedoch diverse stark juristisch geprägte Aufgaben vor den Investoren, die gerade bei stark auseinanderdriftenden Vorgehensweisen der tausenden Anleger zu Folgen führen können, die dann nachteilig für alle Investoren sein können. Angefangen bei der strukturierten Aufarbeitung und Ordnung der Anlage-Unterlagen sowie darauf aufbauend der Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren, sind wesentliche Handlungsweisen des Insolvenzverwalters – wenn das Verfahren dann einmal eröffnet ist (derzeit erst vorläufig) – zu überprüfen und könnte ggf. eingewirkt werden.

Der durchschnittliche Anleger dürfte erstmals überhaupt mit einem Insolvenzverfahren konfrontiert sein und steht vor zahlreichen Verständnisschwierigkeiten, da gerade das Insolvenzrecht eine sehr komplexe, eigene und nicht leicht zugängliche Materie darstellt. Neben den rein juristischen Punkten ist es jedoch auch ökonomisch sinnvoll, dass Investoren ihre Interessen bündeln. Schließlich werden der Betrieb von P&R fortgesetzt und laufend Mieteinnahmen generiert. Der Anwalt, der möglichst breit und somit einheitlich Investoren vertritt, kann den Insolvenzverwalter kontrollieren, seine geschäftlichen Entscheidungen prüfen und auf die Gläubigerversammlungen gehen. Er ist in der Lage, zu Gunsten der Investoren Lösungskonzepte mit einzubringen. Nur so besteht die realistische Chance, eine wirtschaftlich vernünftige Lösung für die Anleger zu finden. Anderenfalls besteht – gerade bei sehr inhomogener und zersplitterter Anlegerseite – die Gefahr, dass andere gute Geschäfte machen und die Interessen der Anleger eher nachrangig berücksichtigt werden.

Autor: Niels Andersen

Quelle: Das Investment

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