Das Investment: Verordnungen lassen auf sich warten – was das für Makler bedeutet

Finanzanlagen- und Versicherungsvermittler schweben im Ungewissen: Die deutschen Verordnungen, die neue Anforderungen an ihre Arbeit regeln, treten vermutlich erst nach Wirksamwerden der EU-Richtlinien Mifid II und IDD in Kraft. Was in der Übergangszeit auf Vermittler zukommt.

Finanzanlagen- und Versicherungsvermittler schweben derzeit im Ungewissen: Was die Richtlinien Mifid II und IDD ab dem kommenden Jahr für ihren Arbeitsalltag bedeuten, ist in vielen Punkten immer noch nicht klar.

Der Entwurf für eine überarbeitete Finanzvermittler-Verordnung (FinVermV) wird mit ziemlicher Sicherheit erst nach dem Jahreswechsel vorliegen, sagt Vermittler-Fachanwalt Norman Wirth. Angekündigt war der erste Schritt zu einer neuen Verordnung eigentlich für diesen September. Erst kürzlich war Wirth, der zugleich geschäftsführender Vorstand des Vermittlerverbandes AfW ist, zusammen mit seinem Vorstandskollegen Frank Rottenbacher bei einem Termin im Wirtschaftsministerium: An der Verordnung werde gearbeitet, Veröffentlichungsdatum unbekannt, hieß es da.

Viel Zeit bleibt allerdings nicht mehr, bis am 3. Januar 2018 die EU-Richtlinie Mifid II in Kraft tritt. Formal ist sie zwar in deutsches Recht umgesetzt worden. Aber die für die unabhängigen Vermittler mit Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung wichtige Verordnung FinVermV lässt auf sich warten. Ohne diese Auslegungshilfen wissen Makler nicht, was regulierungstechnisch bei Beratung und Dokumentation auf sie zukommt.

Ähnlich ungewiss sieht es für Versicherungsvermittler aus. Die Umsetzung der  Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD muss am 23. Februar 2018 vollzogen sein. Das entsprechende Gesetz wurde auch im Sommer vom Bundestag beschlossen. Die zugehörige Verordnung VersVermV, die die praktischen Details für Versicherungsmakler mit Erlaubnis nach Gewerbeordnung regelt, liegt jedoch ebenfalls noch nicht vor.

Wieso die Verzögerung – wo liegt eigentlich das Problem?

Die deutschen Verordnungen FinVermV und VersVermV neuzufassen, sei ein überaus komplizierter Prozess, erklärt Vermittler-Fachanwalt Norman Wirth. In den nationalen Umsetzungsverfahren gewinne der EU-Gesetzgeber eine immer größere Bedeutung. Um sicherzustellen, dass nationale Verordnungen nicht den Maßgaben aus Brüssel widersprechen, treten zunächst die Behörden für Wertpapier- und für Versicherungsaufsicht, Esma und Eiopa, in Aktion. Sie sehen sich EU-Richtlinien an und geben Empfehlungen zu ihrer Umsetzung.

Auf nationaler Ebene verkompliziere sich das Verfahren noch einmal dadurch, dass mehrere Ministerien an der Ausarbeitung der Verordnungen beteiligt sind, so Wirth: Neben dem Wirtschaftsministerium sind auch die Ministerien für Finanzen und Justiz- und Verbraucherschutz beteiligt. Im Falle der VersVermV habe sich zudem der Bundestag einen Blick auf die Verordnung vorbehalten, bevor der Bundesrat über sie abstimmt. „Viele Köche arbeiten am Brei“, fasst Wirth zusammen.

Beispiel FinVermV: Die Verordnung könnte rein theoretisch rechtzeitig in Kraft treten. Dazu müsste sie allerdings in der letzten Bundesratssitzung vor dem 3. Januar 2018, also am 15.12.2017 dort auch verabschiedet werden. Das kann sie wiederum nur, wenn die FinVermV mindestens sechs Wochen vorher beim Bundesrat eingereicht wird, erklärt Wirth. Rein rechnerisch müsste die überarbeitete FinVermV also Anfang November dem Bundesrat vorliegen. „Das ist kaum vorstellbar. Voraussetzung wäre dafür, dass sie bis dahin vom Wirtschaftsministerium fertiggestellt und mit den anderen beteiligten Ministerien abgestimmt sowie vom Kabinett beschlossen wird. In Zeiten von Resortverteilungen, eventuellen neuen Ministeriumszuschnitten und der Bildung einer neuen Regierung dürfte das zeitlich nahezu unmöglich sein“, so Wirth.

Die Folge: Makler bleiben noch einige Monate im Ungewissen.

Was genau geschieht aber in der Übergangszeit – wenn Mifid II beziehungsweise IDD in Kraft treten, aber die Verordnungen noch ausstehen? Es werde entweder eine Übergangsphase eingerichtet, in der Makler weiter nach den alten Regeln verfahren können, schätzt der Rechtsanwalt. Oder es könnte ein Moratorium geben: Verstöße gegen die Normen, die im Detail noch gar nicht klar sind, werden dann nicht geahndet.

Ein Alltagsproblem, das der Branche besonders auf der Seele brennt, ist die Pflicht zur Telefonaufzeichnung. Finanzmakler sollen in Zukunft genauso wie Bafin-regulierte Finanzinstitute telefonische Beratungsgespräche und sonstige elektronische Kommunikation aufzeichnen müssen, so Wirth. Ab welchem Punkt allerdings Gespräche aufzuzeichnen sind, in welcher Form Makler die Mitschnitte abspeichern sollten oder Datenschutz-Fragen: Details sind unbekannt. Und selbst die Verordnungen regeln letztlich dann nicht alle Feinheiten. Vieles wird wohl erst im Nachgang über Fachaufsätze und Gerichte geklärt.

Wirth resümiert: Die jetzige Situation halte nicht nur die Makler, sondern auch größere Vertriebe und Verbünde in der Schwebe. Für den einzelnen Vermittler sei die Situation kaum überschaubar. Um rechtssicher zu handeln, sollten sich Makler dringender denn je professionelle Unterstützung beispielsweise durch Maklerpools oder Haftungsdächer suchen, empfiehlt der Rechtsanwalt.

Autor: Iris Bülow

Quelle: DAS INVESTMENT

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