Das Investment: Fed-Leitzinserhöhung und die Folgen: Das Comeback der Zinsen

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 SJB | Korschenbroich, 07.07.2015. Ernst Konrad, Geschäftsführer der Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement und Fondsmanager der Phaidros Funds, analysiert in seinen aktuellen Makroperspektiven die historische Entwicklung in den Aktien- und Anleihemärkten und erläutert, warum sich eine für das zweite Halbjahr erwartete Leitzinserhöhung in den USA durchaus positiv auf die Aktien- und Anleihemärkte auswirken könnte.

Noch vor wenigen Wochen wurde der EZB in der deutschen Presse vorgeworfen, sie enteigne durch ihre quantitative Lockerungspolitik, sprich den Kauf von Staatsanleihen im Volumen von 60 Milliarden Euro pro Monat, den deutschen Sparer und mache damit eine sinnvolle Altersvorsorge nahezu unmöglich. Aus diesem Grund stießen die jüngsten Schwankungen an den Anleihemärkten in Europa und den USA auf besonderes Interesse. Anders als in der Vergangenheit kam die Initialzündung diesmal aus Deutschland und nicht aus den USA.

Der Anstieg der Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen von nahezu 0 Prozent Mitte April auf zuletzt 1 Prozent sieht zwar auf den ersten Blick wenig spektakulär aus, die täglichen Renditeänderungen von bis zu 0,20 Prozent sind allerdings die höchsten seit der Einführung des Euro im Jahr 1999.

Mehrere Faktoren stecken hinter dieser Entwicklung: Vor allem ist natürlich das extrem niedrige Ausgangsniveau zu nennen, von dem aus der Renditeanstieg erfolgte. Anleger hatten in Antizipation der Käufe durch die EZB die Renditen auf noch vor kurzem unvorstellbar niedrige Niveaus gedrückt. Sie verhielten sich damit durchaus rational, da die EZB ja im Vorfeld verkündet hatte, Anleihen mit einer Rendite von bis zu -0,20 Prozent zu kaufen, was selbst bei der Mini-Rendite von 0,05 Prozent immer noch ein gutes Geschäft versprach.

Allerdings haben sich seit dem Beginn des Anleihekaufprogramms die Rahmenbedingungen geändert: Konjunkturell geht es in der Eurozone allmählich wieder bergauf, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern vor allem in Spanien und selbst in Italien.

Der noch vielfach zum Jahreswechsel geäußerte Pessimismus ist in den letzten Wochen zunehmend verstummt und auch das Thema „Deflation“ hat sich im Zuge der Stabilisierung der Inflationserwartungen erst einmal erledigt.

Dies ist durchaus im Sinne der EZB und war von ihr beabsichtigt. Deshalb reagierten Mario Draghi und andere EZB Verantwortliche auch entspannt und rieten den Marktteilnehmern, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen. Allerdings stecken hinter den höheren Schwankungen nicht nur fundamentale, sondern auch technische Gründe.

Wir hatten bereits in unserem Jahresausblick auf die rückläufige Sekundärmarktliquidität in den Anleihemärkten hingewiesen. Allerdings konzentrierte sich die Diskussion bisher vor allem auf die Segmente Unternehmens- und High-Yield-Anleihen, die traditionell ja immer dann austrocknen, wenn Liquidität am nötigsten wäre, sprich wenn viele Marktteilnehmer verkaufen wollen. Aber dieses Phänomen ist jetzt auch in den vermeintlich hochliquiden Märkten für amerikanische und deutsche Staatsanleihen zu beobachten.

Seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 ist der Tagesumsatz im Sekundärmarkt um mehr als 2/3 zurückgegangen. Banken und Brokerhäuser haben den Markt verlassen bzw. aus regulatorischen Gründen ihre (Eigen-) Handelsaktivitäten drastisch reduziert. Bei Anlegern dominiert seither notgedrungen die Buy-and-Hold- Mentalität, so dass selbst kleinere Verkäufe zu viel größeren Verwerfungen als in der Vergangenheit führen. Die Gefahr von „Unfällen“ wie dem „Flash-Crash“ am US-Anleihemarkt, als am 15. Oktober 2014 die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen innerhalb weniger Minuten um mehr als 30 Basispunkte hin- und herschwankte, hat deutlich zugenommen.

Volatilität bietet Chancen, vor allem am Aktienmarkt

Rückblickend waren Renditen von unter 10 Basispunkten lächerlich gering, selbst wenn man berücksichtigt, dass sich die EZB verpflichtet hat, bis 2016 ungefähr doppelt so viele Staatsanleihen zu kaufen wie die Mitgliedstaaten der Eurozone bis dahin emittieren wollen. Aber selbst diese Knappheit hat letztlich den Renditeanstieg um nahezu 1% nicht verhindern können. Im historischen Vergleich sind die Niveaus immer noch sehr niedrig und stellen nach wie vor keine Gefahr für den konjunkturellen Erholungsprozess in der Eurozone dar.

Für den weiteren Verlauf wird die Entwicklung in den USA wieder an Bedeutung gewinnen. Eine Leitzinserhöhung im zweiten Halbjahr ist wahrscheinlich, die Markterwartungen liegen aber nach wie vor unter den Projektionen der FED.

Diese implizieren auch nach der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses vom 17. Juni zwei Anhebungen um jeweils 0,25% bis Jahresende, während der Konsens nur mit einer rechnet. Allerdings ist auch bei der FED die Unsicherheit gegenüber der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung gewachsen, was sich in einer größeren Streuung der Projektionen der einzelnen Mitglieder niederschlägt.

Zwar sinkt die Arbeitslosigkeit kontinuierlich, die Löhne steigen aber trotzdem kaum. Gleichzeitig liegen die längerfristigen Inflationserwartungen relativ stabil bei etwas über 2%.

Es ist müßig, zu spekulieren, wann die FED letztlich den Leitzins anheben wird. Aus Investorensicht ist die Frage, wie in der Vergangenheit Aktien- und Anleihemärkte in solchen Phasen reagiert haben, viel interessanter. Die gute Nachricht ist, dass in den letzten 8 Zinserhöhungszyklen seit 1976 (d.h. Perioden, in denen die FED den Leitzins in mindestens drei aufeinanderfolgenden Sitzungen jeweils erhöht hat mit einer Dauer zwischen 10 und 40 Monaten), die annualisierte Wertentwicklung für US-Aktien und Anleihen im Median deutlich positiv war (+5% bzw. +2,5%). Sie lag damit allerdings um ein Drittel bzw. um die Hälfte unter der Wertentwicklung über den Gesamtzeitraum.

Nur einmal, im Zeitraum 1976 bis 1980, mussten Aktien Kursverluste hinnehmen. Bei Anleihen war in den 8 betrachteten Zyklen die Wertentwicklung zweimal negativ. Auch wenn die Abkehr von der Nullzinspolitik ohne historische Parallelen ist und jeder Zinserhöhungszyklus seinen eigenen Gesetzen folgt, widerspricht das immer wieder geäußerte Schreckensszenario, dass Leitzinserhöhungen automatisch zu Kursverlusten bei Aktien und Anleihen führen, der historischen Erfahrung.

Ein Blick auf die letzten 3 Zinserhöhungszyklen zeigt außerdem, dass sich Aktien aus der Eurozone jeweils besser entwickelt haben als US-Werte.

Hinzu kommt, dass der jüngste Kursrückgang gerade in der Eurozone für eine Normalisierung der zuletzt etwas angespannten Bewertungen gesorgt hat. Bei einem durchschnittlichen KGV von knapp 15 und prognostiziertem Wachstum der Unternehmensgewinne von über 10 % für 2015, 2016 und 2017 sind Blue Chips wieder attraktiver geworden. Das höhere Risiko sehen wir weiterhin bei Staatsanleihen, was uns auch die Options-Märkte bestätigen. Während die Volatilität im EuroSTOXX 50 seit ihrem Tief vom April um „nur“ zwei Drittel gestiegen ist, hat sie sich für 10-jährige deutsche Staatsanleihen in der Spitze mehr als verdreifacht und sinkt nur zögerlich.

Von: Ernst Konrad

Quelle: DAS INVESTMENT.

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