Das Investment: „Das ist der Mehrwert des Finanzberaters gegenüber jeder App“

sjb_werbung_das_investment_300_200 In einer großen Interviewreihe fragt DAS INVESTMENT die Vertriebsleiter der wichtigen Fondsgesellschaften nach ihrem Ausblick auf Märkte, Fondsvertrieb, Kundengruppen und Digitalisierung. Hier plaudert Thorsten Michalik – Leiter globale Kundengruppen EMEA & APAC der Deutsche Asset, Management aus dem Nähkästchen.

Im ersten Halbjahr gab es einige Ereignisse, die Sie als Vertriebschef nicht gefreut haben dürften: Die Gewinne des Börsenjahres 2015 waren nach nur elf Handelstagen dahin. Syrien, Flüchtlingskrise und weitere geopolitische Brandherde. Das Brexit-Referendum. Aktuell sind die Banken – vor allem die italienischen – in den Schlagzeilen. Wie ist Ihr Fazit aus Vertriebssicht für das erste Halbjahr 2016?

Thorsten Michalik: Wir sind ein globaler Asset Manager mit bedeutenden Aktivitäten in den USA, Europa und Asien, sowohl bei aktiven, passiven wie auch alternativen Strategien. Nach einem sehr starken Jahr 2015 mit hohen Zuflüssen in allen Regionen war das erste Halbjahr 2016 nicht so, wie wir es erwartet haben. In ganz Europa, auch bei den meisten Konkurrenten, stehen die Nettozuflüsse nicht auf dem erhofften Niveau.

Dabei muss man sagen, dass wir zum Teil vom Erfolg des vergangenen Jahres eingeholt wurden, als z.B. Aktien- und Immobilienfonds wegen eines zu hohen Fondsvolumens keine neuen Gelder annehmen konnten. Auch im ETF-Bereich, der in den vergangenen Jahren stetige Zuflüsse brachte, waren diese 2016 nicht mehr so hoch.

Insgesamt sind wir überzeugt, dass die aktuelle Situation den Rahmenbedingungen an den Märkten geschuldet ist. Wir haben exzellente Fonds, eine starke Marke sowie sehr gute Vertriebspartner. Daher bin ich zuversichtlich, dass sich das Blatt wieder wendet.

Was wünschen Sie sich für das zweite Halbjahr und welche realistischen Erwartungen haben Sie?

Michalik: Mein Wunsch wäre, dass sich die Unsicherheit bei den Anlegern legt, sobald etwas mehr Klarheit über die wirtschaftliche, aber auch politische Entwicklung herrscht. Ich bin überzeugt, dass viele Investitionen nur aufgeschoben sind. Realistisch muss man aber sagen, dass dies ein längerer Prozess sein wird. Da wird es keinen Stimulus geben, der wieder Fondskäufe auslöst.

Der Niedrigzins ist das alles dominierende Thema in der Finanzbranche. Ein paar vereinfachte direkte Folgen daraus: Rentenfonds werden zunehmend unattraktiv. Das Sparbuch ist bzw. sollte keine Alternative mehr sein. Die Deutschen stürzen sich auf Immobilien(-Fonds). Gold wird wiederentdeckt. Multi-Asset-Fonds sind in aller Munde. Aktienfonds schlagen sich mittelmäßig, volatile Börsen und Regulatorik verhindern größere Mittelzuflüsse. Möchten Sie etwas ergänzen?

Michalik: Was Sie aufzählen, ist die Sicht der Privatanleger. Es stimmt, hier waren Multi-Asset-Lösungen für viele die Favoriten. Allerdings haben sich Aktienfonds beileibe nicht nur mittelmäßig geschlagen. Unsere DWS-Fonds für deutsche oder europäische Aktien haben sich sehr gut entwickelt und auch starke Zuflüsse gesehen. Ein weiteres herausragendes Beispiel ist der DWS Top Dividende mit einer sehr starken Wertentwicklung. Auf der ETF-Seite sind in diesem Jahr Produkte auf US-Aktienindizes und Schwellenländer gefragt.

Ergänzen möchte ich gerne, dass institutionelle Anleger weiterhin stark im Rentensegment investieren. Allerdings aufgrund der niedrigen, zum Teil negativen Zinsen nicht in Geldmarkt-, sondern in langlaufende Anleihen, Unternehmens- oder Schwellenländeranleihen. Hier haben wir 2016 sowohl bei aktiv wie auch bei passiv verwalteten Strategien große Nachfrage gesehen.

Würden Sie Ihr Haus als Nettoprofiteur der Niedrigzins-Phase betrachten?

Michalik: Zwei Drittel unseres gesamten verwalteten Vermögens liegt bei der Deutschen AM im festverzinslichen Bereich. In bestimmten Segmenten wie langlaufenden Staatsanleihen, Schwellenländer-Bonds oder Unternehmensanleihen haben wir sehr gute Wertentwicklungen von über 10 Prozent im vergangenen Jahr für unsere Anleger erreicht. In der aktuellen Niedrigzinsphase werden ganz bestimmte Rentensegmente gesucht, und die können wir anbieten.

Allerdings wäre ich vorsichtig, im Zusammenhang mit der Niedrigzinsphase von Profiteuren zu sprechen. Wenn diese Phase noch über Jahre anhält, und danach sieht es aus, stehen der ganzen Asset-Management-Branche noch Herausforderungen bevor.

Quo vadis Aktienfonds: Der oft unter dem Titel „Große Rotation“ vorhergesagte starke Shift von Anleihen in Aktien ist bisher ausgeblieben. Wundert Sie das?

Michalik: Nein, das wundert mich nicht. Der typische Anleger in Anleihen will planbare Erträge bei niedrigen Schwankungen. Der Aktienmarkt befindet sich im Risikoprofil auf einer ganz anderen Stufe, das gilt besonders für die vergangenen Jahre. Dazu kommt, dass viele institutionelle Investoren aufgrund regulatorischer Vorschriften oft nur zu geringen Teilen in Aktien investieren dürfen.

Ist der Sturm auf Aktien nur verschoben?

Michalik: Aktien sind für langfristige Sparziele, für die Altersvorsorge, weiterhin interessant. Ich kann mir vorstellen, dass Anleger stärker auf Aktien schauen, weil typische festverzinsliche Sparpläne keine Erträge mehr bringen. Gute Beispiele, die von Anlegern schon genutzt werden, sind Dividenden-Fonds oder ETFs mit attraktiven regelmäßigen Ausschüttungen. Aber das wird ein Marathon hin zu einer stärkeren Aktienkultur, kein Sturmlauf.

Nicht einmal 15 Prozent der Deutschen im Alter von über 14 Jahren besitzen Aktien oder Aktienfonds. Worauf führen Sie das zurück? Und wie müssen die Vertriebsansätze der Fondsbranche angepasst werden, um diesen Zustand zu ändern?

Michalik: Die Fondsbranche ist in Deutschland in den vergangen 60 Jahren groß geworden über Bankfilialen, Finanzberater, VL-Sparpläne und so weiter. Das hat hervorragend funktioniert; die vom BVI vertretenen Häuser verwalten 2,6 Billionen Euro. Aber junge Menschen wachsen heute mit anderen Kommunikationsmitteln auf, auch mit anderen Erwartungen an die Kundenfreundlichkeit, Transparenz und Erreichbarkeit. Hier müssen alle Fondsgesellschaften sich anstrengen, junge Menschen zu erreichen, auch über soziale Netzwerke. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass das gelingen kann. Kaum eine Dienstleistung lässt sich so gut über digitale Wege vertreiben wie Angebote zur Vermögensanlage.

Multi-Asset-Lösungen sind mehr als ein Trend und in den vergangenen Jahren zu einer etablierten Fonds-Klasse herangereift. Wie haben Sie sich in diesem Bereich positioniert?

Michalik: Wir haben unsere Multi-Asset-Kompetenz bereits in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Bei der Deutschen AM gibt es keine Unterschiede mehr zwischen Dach- und Mischfonds, privaten und institutionellen Anlegern, zwischen aktiven und passiven Strategien. Alles ist in der Multi Asset Group unter der Leitung von Christian Hille konzentriert. Hier werden rund 100 Milliarden Euro in Fonds und Mandaten von rund 50 Portfoliomanagern verwaltet.

Wo legen Sie klare Schwerpunkte und warum?

Michalik: Unser Schwerpunkt liegt in dem transparenten Aufbau jeder Multi-Asset-Lösung. Alles beginnt damit, für den Anleger eine geeignete strategische und taktische Asset-Allokation zu entwickeln. Das geht über die Portfoliokonstruktion bis zum Risikomanagement. Wir denken vom Kunden her. Wir halten nichts davon, komplizierte Multi-Asset-Strategie zu konzipieren und dann zu überlegen, für wen dieser Ansatz interessant sein könnte.

Ein gutes Beispiel für unseren Ansatz sind die ETF-Strategieportfolios, die durch die Multi Asset Group konstruiert werden. Hier konnten wir schon mehrere Kunden gewinnen, die ETF-Multi-Asset-Portfolios in ihren Vertrieb aufgenommen haben, die in Zusammenarbeit mit ihnen konstruiert wurden.

Wie funktioniert der Vertrieb von Multi-Asset-Lösungen in der Zielgruppe institutionelle Investoren? Wie geht die Zielgruppe bei Investitionen in diesem Bereich vor? Welche speziellen Anforderungen stellt sie an das Asset Management?

Michalik: Wenn wir in der Zielgruppe der institutionellen Investoren über Multi-Asset sprechen, dann sprechen wir über individuell zugeschnittene, moderne Absolute-Return-Ansätze mit verschiedenen Risikoprofilen. Denn in verschiedene Anlageklassen zu investieren, ist für Versicherungen und Pensionskassen seit jeher Alltag. Neu ist, diese Anlageklassen so zu kombinieren, dass im Gesamtportfolio trotz Niedrigzinsen und volatiler Kapitalmärkte ein attraktiver Ertrag herauskommt, möglichst gering korreliert zu den breiten Indizes. Hier sehen wir große Nachfrage von institutionellen Investoren, die eine Alternative für klassische festverzinsliche Strategien suchen, die nun zu geringe Erträge bringen. Jedoch sollte Investoren bewusst sein, dass auch in den nächsten Jahren neben den niedrigen Zinsen immer wieder mit disruptiven Ereignissen gerechnet werden muss; zwischenzeitliche Rückschläge werden sich nicht vermeiden lassen.

Sind Liquid Alternatives die neuen Multi-Assets?

Michalik: Hier wäre ich skeptisch. Zum einen, wenn man sich die klassischen Hedgefonds-Strategien für Liquid Alternatives anschaut, dann fällt die Bilanz für 2015 ernüchternd aus: Von den fünf großen Strategien – Equity Long Short, Market Neutral, Macro CTA, Credit Fixed Income und Event Driven – war nur Market Neutral im Plus. Dazu kommt: Viele Investoren gerade in Kontinentaleuropa haben keine Erfahrung mit Liquid Alternatives und schrecken davor zurück. Allerdings können alternative Anlagestrategien nach Risikofaktoren durchaus einen sinnvollen Beitrag im Multi-Asset-Kontext liefern. Sie tragen zu einer effizienteren Streuung bei, da die klassische Diversifikation über Staatsanleihen derzeit nicht mehr wie gewohnt funktioniert.

Was ist derzeit aus Ihrer Sicht der wichtigste Produkttrend in der Fondsindustrie?

Michalik: Lassen Sie mich zwei wichtige Trends ausführen. Eine spannende Entwicklung ist derzeit, dass anstelle einzelner Bausteine nun Lösungen angeboten und von den Anlegern verstärkt gesucht werden. Das ist aus meiner Sicht eine positive Entwicklung, denn sie spricht auch für eine gewisse Reife der Fondsbranche. Es ist auch positiv aus der Sicht des Anlegers, denn in diesem Fall ist das Risiko geringer, dass er einen einzelnen, sehr speziellen Fonds ordert, der nicht zu seinem Risikoprofil passt.

Der zweite Trend ist die fortschreitende Digitalisierung im Produktvertrieb. Kunden erwarten zunehmend digitale Lösungen. Das heißt, dass wir unseren Vertriebspartnern verstärkt solche Lösungen zur Verfügung stellen, damit diese ihre Kunden erreichen können.

Und welches ist der wichtigste Produkttrend in Ihrem Haus?

Michalik: Wir nutzen die Expertise der Multi Asset Group als Treiber, um verstärkt maßgeschneiderte Lösungen für mehr Zielgruppen zu konstruieren und zu vertreiben. Dazu zählen klassische Mischfonds, Multi-Asset-Mandate für Großanleger oder die schon erwähnten ETF-Strategieportfolios.

Welchen Produkttrend sehen Sie in den kommenden Jahren, über den heute noch kaum gesprochen wird?

Michalik: Wenn Sie in einen modernen Multi-Asset-Fonds schauen, dann finden Sie im Portfolio neben Aktien und Anleihen wahrscheinlich auch ETFs und andere Fondsanteile, vielleicht auch Zertifikate oder Index-Futures. Das Silodenken hat endlich aufgehört, die Lösung für den Anleger steht heute viel stärker im Vordergrund.

Zweitens wird es einen immer größeren Einfluss haben, dass über den Trend zu Robo-Advisors künftig Anleger angesprochen werden, die heute über die klassischen Vertriebswege nicht erreicht wurden. Diese Entwicklung wird von vielen noch unterschätzt.

Welcher Produkterfolg eines Mitbewerbers hat Sie in den vergangenen Jahren stark beeindruckt?

Michalik: Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Produkte von Wettbewerbern nicht kommentieren. Was wir aber sehen, sind beeindruckende Entwicklungen beispielweise in Asien. Gerade in China sehen wir uns den Fondsvertrieb über soziale Medien genau an. Dort interagieren Vermögensverwalter oder Finanzberater ganz anders mit Kunden als wir es in Europa gewohnt sind.

Auf welchen Produkterfolg der vergangenen Jahre aus Ihrem Hause sind Sie besonders stolz?

Michalik: Besonders stolz bin ich, dass wir sowohl bei aktiven wie auch bei passiven und alternativen Strategien überdurchschnittliche Produkte zeigen konnten. Über diese breite Palette verfügt sonst kaum ein Asset Manager in Europa – auch weltweit nicht.

Viele aktiv gemanagte Fonds der Deutschen AM haben über Jahre ihren jeweiligen Vergleichsmarkt übertroffen. Da denke ich an die Aktienfonds auf deutsche oder europäische Aktienmärkte oder auch unsere Dividenden-Fonds. Auch zahlreiche Rentenfonds gehören zur Spitzengruppe. Hier setzen wir europaweit Maßstäbe.

Auf der passiven Seite haben wir immer wieder den europäischen Markt mit Innovationen bereichert, wie den ersten Geldmarkt-ETF, den ersten ShortDAX-ETF, den ersten Multi-Asset-ETF oder jüngst den ersten ETF auf den chinesischen Anleihenmarkt. Auch im Bereich Alternatives haben wir exzellente Produkte, ob bei Immobilien oder Infrastruktur-Investments.

Beschreiben Sie unseren Lesern bitte ein spannendes Projekt, an dem Sie oder Ihr Team gerade arbeiten?

Michalik: Wir haben die große Chance, aktive und passive Anlagestrategien in einem erfahrenen Multi-Asset-Team zu verbinden. Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten für unsere Investoren; diese Fähigkeit hebt uns von vielen Wettbewerben ab.

Gleichzeitig arbeiten wir an digitalen Lösungen für unsere Vertriebspartner, damit diese neue Kundengruppen erreichen können. Wir haben beim Thema Finanzen die Herausforderung, dass sich viele Kunden nicht ausreichend dafür interessieren. Hier bietet die Digitalisierung neue Ansätze. So könnten mit den neuen Tools etwa das Konsumieren und Investieren in den Alltag der Menschen integriert und mit Beispielen sowie Zahlen unterlegt werden. Also was passiert, wenn ich eine bestimmte Summe Geld anlege, anstatt mir dafür etwas zu kaufen?

Auf welchen Vertriebskanal legen Sie in den kommenden Monaten einen besonders starken Fokus?

Michalik: Wir sind einer der größten Asset Manager in Europa. Dadurch sehen wir uns in der Verantwortung, alle wichtigen Vertriebskanäle zu bedienen, um so eine weite  Bandbreite von Anlegern zu erreichen.

Wir wollen unsere Position bei institutionellen Investoren weiter stärken. Viele sind angesichts der extrem niedrigen Zinsen gezwungen, ihre Allokationen anzupassen. Das gilt insbesondere, wenn sie langfristige Zahlungsverpflichtungen haben. Wir haben gerade in dieser Situation passende Angebote für sie, sowohl innerhalb einzelner Anlageklassen oder auch Multi-Asset-Lösungen mit einem Absolute-Return-Ansatz.

Aber auch von Privatanlegern fließt beständig mehr Kapital in den weltweiten Vermögensaufbau. Vielen wird bewusst, dass sie für ihre Altersvorsorge selber einen Kapitalstock aufbauen müssen. Wir sind hier mit unseren Investmentfonds sehr gut aufgestellt.

Welchen Rat würden Sie einem IFA mit Schwerpunkt Investmentgeschäft geben, der nach Wegen sucht, seinen Beratungs- und Vertriebserfolg zu steigern?

Michalik: Konzentriere dich auf die Beratung und die persönliche Kundenpflege, denn das ist der Mehrwert, den ein Finanzberater gegenüber jeder App bringen kann. Zusätzlich sollten Finanzberater Lösungen von anderen Anbietern nutzen, gerade auf digitalem Wege. Auf diese Weise kann man die Abläufe effizienter gestalten, um eben mehr Zeit für die Kontaktpflege zu haben.

Welchem Ihrer Vertriebskanäle – Bankberater oder IFAs – trauen Sie eher zu, das Potenzial von Robo-Advisors für sich zu nutzen und hierüber ihren Fondsabsatz zu steigern?

Wir sind überzeugt, dass Robo-Advisors Sinn machen, aber nur in Kombination mit einem Berater. Denn Berater kommen über Robo-Advisors an Kunden heran, die sie vorher nicht erreicht haben. Das gilt sowohl für Bankberater als auch für IFAs außerhalb der Institute.

Die Kombination mit dem Berater ist wichtig, denn ein Robo-Advisor ist letztlich auch nur ein weiterer – wenn auch sehr interessanter – Vertriebsweg. Wenn das Anlageprodukt den Kunden nicht überzeugt, dann nützt auch die Digitalisierung nichts. Hier nimmt der Vertrieb eine wichtige Rolle ein.

Wo sehen Sie die größten Risiken für ein rückläufiges Fondsgeschäft in den kommenden ein bis zwei Jahren?

Für das Fondsgeschäft, ob aktiv oder passiv verwaltet, bin ich grundsätzlich positiv gestimmt. Die Gefahr eines rückläufigen Absatzes im Gesamtmarkt sehe ich durch eine fortgesetzte Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung, zusammen mit einem – zumindest so wahrgenommenen – Stillstand bei wichtigen politischen Entscheidungen. Das führt dazu, dass Investitionsentscheidungen noch weiter aufgeschoben werden.

Einige Marktteilnehmer bezeichnen Robo-Advisors als den Fonds-Vertriebsweg der Zukunft, als digitale Antwort auf die vertrieblichen Herausforderungen in der Fondsbranche, die 95 Prozent der Bevölkerung den Weg zur privaten Vermögensbildung öffnen wird. Würden Sie sich dieser These anschließen?

Ja, das ist sicherlich möglich, aber Leute müssen überzeugt werden. Wenn, wie eben angemerkt, die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung und damit über die Kapitalmärkte sehr groß ist, dann hilft auch ein digitaler Weg nicht. Ein zweiter Punkt, den man hier ansprechen muss, ist das oft fehlende Interesse an den Finanzmärkten. Hier muss erst einmal das Interesse geweckt werden, dann können durch Robo-Advisors viel größere Zielgruppen erreicht werden. Nur ein kleines Beispiel, das in den USA bereits angewendet wird: Bei „Left-over-Investment“ werden kleine Beträge – quasi das Wechselgeld – investiert. Damit können neue Zielgruppen erreicht werden, die noch gar nicht darüber nachgedacht haben, in Fonds zu investieren.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Trend „Robo-Advisor“ für Ihr Haus? Wie wollen Sie von diesem Trend profitieren?

Wir glauben, es gibt ein extremes Potenzial, die Partnerschaft mit dem Vertrieb auf digitalen Wegen zu vertiefen und auszubauen. Robo-Advisors können ein wichtiger Teil der Digitalisierung sein. Wenn wir es schaffen, digitale Lösungen zu finden, die den Vertrieb enger an uns binden, ist das eine große Chance für uns.

Wie beurteilen Sie die bisherigen Anlageergebnisse von deutschen Robo-Advisors?

Ein reiner „B2C“-Robo Advisor, der sich direkt an Endkunden richtet und neu an den Markt kommt, wird es schwer haben. Dagegen kann es eine erfolgreiche digitale Lösung sein für einen Anbieter, der schon Kundenkontakte hat und sie damit vertiefen kann.

Viele der in Deutschland angebotenen Robo-Advisors verfügen nur über einen kurzen Track Record, haben nur wenig Volumen, daher kann man noch nicht viel darüber sagen.

Welche Regelungen im Rahmen von Mifid ll finden Sie gut und sinnvoll?

Die zentralen Ziele von Mifid II in Form von klarer Product Governance, höherer Kostentransparenz und transparenter Vertriebsvergütung sind erst einmal vernünftig. Allerdings kommt es sehr stark darauf an, was das in der Praxis für Vertriebe und Produktanbieter bedeutet. Da Mifid noch nicht in den einzelnen Ländern in nationales Recht umgesetzt worden ist und viele Details für die entsprechenden Regeln noch nicht bekannt sind, lässt sich derzeit nicht sagen, welche Regelungen letztlich positiv oder negativ zu bewerten wären.

Welche Regelungen von Mifid ll halten Sie für schlecht und überflüssig?

Wir halten keine der Regeln grundsätzlich für überflüssig. Allerdings gibt es Regeln, die nur sehr aufwendig implementiert werden können. Dazu gehört die erweiterte Gesamtkostenquote (TER), die zum Beispiel auch die Transaktionskosten enthält. Ein anderer Punkt ist, die Kosten für Research auf die Anlageprodukte umzulegen.

An welchen Stellen sehen Sie durch Mifid II Handlungsbedarf und wie werden Sie sich darauf einstellen?

Wir sehen uns die Entwicklung gespannt an, sehen aber keinen akuten Handlungsbedarf, indem wir einzelne Aktivitäten starten. Wir haben als großer Asset Manager bereits alle Lösungen im Angebot: Aktiv und passiv verwaltete Fonds, mit und ohne Vertriebsvergütung, Dachfonds und Mischfonds; wir arbeiten mit einer Vielzahl von Vertriebskanälen zusammen. Je nachdem, wie die konkreten Regeln aussehen, werden wir reagieren, aber wir sind bereits gut vorbereitet. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wir arbeiten mit großen Vertriebsorganisationen wie Maxpool und BCA bereits bei ETF-Strategieportfolios zusammen, die die Berater vermitteln können. Da dabei keine Bestandsprovisionen berechnet werden, sondern andere Vergütungsformen vorgesehen sind, könnte dieses Modell unter Mifid II noch interessanter werden.

Von: Felix Hannemann, Iris Bülow

Quelle: Das Investment

 

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