Das Investment: Crashtest-Sieger Charles Biderman über Lateinamerika-Aktien: „Wir meiden Banken und Rohstoffaktien“

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 SJB | Korschenbroich, 10.06.2015. Charles Biedermann ist derzeit nur verhalten optimistisch. In seinem Comgest Growth Latin America sucht er vor allem Unternehmen mit starkem und nachhaltigem Gewinnwachstum. Von den Reformen in Brasilien erhofft sich der Fondsmanager neuen Schwung.

DER FONDS: Ist Lateinamerika langsam wieder auf Kurs?

Charles Biderman: Nein. Aber in der Region sind viele Aktien attraktiv bewertet. Die Region hat sich zuletzt vor allem aus technischen Gründen von den Tiefständen erholt. Und obwohl wir einige Verbesserungen sehen, etwa beim Konsum in Mexiko oder den jüngsten Geschäftszahlen von Petrobas, hat sich an der Gesamtlage nicht viel geändert. Es gibt zahlreiche Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, vor allem in Brasilien, der größten Wirtschaft der Region.

Wie beurteilen Sie dort die aktuelle Situation?

Biderman: Brasiliens Finanzminister Levy hat das Land auf die notwendige Straffung der Finanzpolitik eingestellt, die zwar langfristig positiv für die Wirtschaft sein wird, aber kurzfristig negative Auswirkungen auf das Wachstum und den Konsum haben wird. Wir begrüßen die Haushaltskürzungen, aber notwendig ist es jetzt auch, die Inflation zu stabilisieren und zu reduzieren, so dass die Zinsen gesenkt werden können. Das würde für mehr Liquidität und Investitionsanreize sorgen und die Bemühungen des Landes unterstützen, die Produktivität zu verbessern.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Treiber für steigende Kurse?

Biderman: Die treibende Kraft für die Region ist die politische Reformagenda in Brasilien. Auf der Agenda stehen vor allem eine Verbesserung der Infrastruktur und weniger Einfluss der Politik. Eine Erholung der Rohstoffpreise wäre für die Region außerdem sehr positiv, aber das ist unwahrscheinlich, da die Rohstoffzyklen dauern.

Wo drohen für die Region die größten Risiken?

Biderman: Brasilien ist derzeit geprägt vor einer schlechten Kombination aus Wachstumsstillstand und hoher Inflation. Grund dafür sind steigende Arbeitslosigkeit, Angebotsmangel und eine Regierung mit begrenzten finanziellen Mitteln. Trotz wiederholter Zinserhöhungen, stürzte die Währung ab und befindet sich nun auf einem vernünftigen Level. Die Währung wird dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der brasilianischen Exporteure kurzfristig zu verbessern. Allerdings müssen auf der Angebotsseite strengere Reformen erfolgen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes im internationalen Kontext zu erhöhen.

Beschreiben Sie bitte kurz die Anlagephilosophie des Fonds?

Biderman: Comgest managt alle Fonds nach dem gleichen Qualitätswachstum-Investmentprozess. Unser Ansatz ist es, eine sehr begrenzte Anzahl von qualitativ hochwertigen Unternehmen in ein Portfolio aus 30 bis 40 Aktien auszusuchen. Wir achten auf dauerhaften Wettbewerbsvorteil und nachhaltiges und vorhersehbares Gewinnwachstum von mehr als zehn Prozent pro Jahr. Dem Auswahlprozess liegt ein fundamentaler Bottom-Up-Ansatz zu Grunde, auf eine Branchen- oder Länderallokation wird verzichtet.

Welche Sektoren mögen Sie, welche meiden Sie?

Biderman: Ganz allgemein meiden wir Banken und Rohstoffaktien. Banken haben undurchsichtige Geschäftsmodelle. Außerdem sind die Institute abhängig von Makrofaktoren wie die Höhe der Zinsen. Rohstoffwerte sind stark operativ ausgerichtet und in der Regel abhängig von dem Preisniveau eines Rohstoffes, der von der Makroökonomie angetrieben wird. Wir bevorzugen weiterhin Konsumwerte sowie hochwertige Industrie- und Infrastrukturunternehmen. Mobiles Internet und Gaming sind interessante Sektoren, die vom Konsum in den Emerging Markets profitieren werden.

Wodurch unterscheidet sich Ihr Ansatz von dem der Mitbewerber?

Biderman: Alle Mitarbeiter sind auch Aktionäre und das Aktionärskapital ist immer in den Händen der Generation, die das Geschäft leitet. Das bedeutet, dass unsere langfristigen Interessen als Unternehmer voll im Einklang stehen mit unseren institutionelle Kunden und langfristigen Investoren. Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass unser Management-Team sich kaum verändert. Diese Kontinuität schlägt sich auf die Anwendung des Qualitätswachstum Ansatzes positiv nieder. Und wir folgen keinem Trend. Unser Ansatz führt vielmehr zu sehr konzentrierten Portfolios und ist insgesamt deutlich langfristiger ausgerichtet als der unserer Wettbewerber.

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Von: Heino Reents

Quelle: DAS INVESTMENT.

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