Das Investment: „Banken bilden keine Vermögensverwalter mehr aus, die Anleger verstehen“

sjb_werbung_das_investment_300_200DAS INVESTMENT befragte Vermögensverwalter nach Ihren Antworten auf die Herausforderungen der Branche. Heiko Löschen, Mademann & Partner, berät vermögende Privatkunden in Hamburg. Er beleuchtet das aktuelle Marktumfeld und kritisiert den Umfang der Regulierung.

DAS INVESTMENT: Wie gehen Sie mit extrem risikoaversen Kunden um?

Heiko Löschen: Die Niedrigzinsphase beeinflusst die alltägliche Beratung massiv. Vor einigen Jahren haben wir in kritischen Phasen an den Aktienmärkten das uns anvertraute Kapital durch Aktienverkäufe gesichert und in festverzinsliche und sichere Wertpapiere investiert. Das erwirtschaftete Ergebnis lag somit im schlechtesten Fall bei 5 Prozent. Diese Zeiten sind schon lange vorbei. Im Beratungsprozess geht es jetzt um das gesamte Spektrum der Kapitalmärkte. Flexibilität, realistische Renditeerwartungen und eine Annäherung an das Thema Risiko und dessen Definition sind existenziell wichtig.

Was heißt das konkret?

Es ist zu einfach, dem Kunden zu sagen; ohne Aktien geht es nicht. Aber was bedeutet Risiko, was bedeutet Kursschwankung, was bedeutet seelische Belastbarkeit? Diese Fragen gilt es, nicht nur anzusprechen, sondern bis zum Ende zu diskutieren und zu beantworten. Auch das bereits seit Jahren von vielen Seiten beschworene Gespenst der dramatischen Zinserhöhung ist im Beratungsprozess kritisch zu hinterfragen. Aus unserer Sicht stehen dramatische Zinserhöhungen nicht ins Haus.

Was beschäftigt Ihre Kunden derzeit am meisten?

Die immens hohe Verschuldung der Staaten ist die größte Sorge unserer Mandanten. Wann wird es dazu kommen, dass die Menschen, die Vermögen haben, noch stärker zur Kasse gebeten werden um die hohe Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen? Wird Immobilienbesitz besteuert? Ist der Besitz von Vermögen grundsätzlich noch steuerfrei? Was kann mir weggenommen werden? Wie bekommen wir die Krisen in der Ukraine, in Griechenland, in Europa in den Griff? Wie beeinflussen diese unsere Kapitalmärkte? Müssen wir wirklich auf Dauer mit diesen niedrigen Zinsen und den großen Schwankungen an den Kapitalmärkten leben?

Steigt die Bedeutung illiquider Assets wie Kunst oder Wald?

Aus unserer Sicht nicht mehr. Der Markt ist bisher unglaublich gelaufen und auch hier gibt es in der Preisentwicklung keine Einbahnstraße. Das bedeutet nicht, dass es keine Chancen gibt. Aber der Investor sollte wissen, worauf er sich einlässt und nicht den Zahlen der letzten fünf Jahre blind hinterherlaufen.

Wie beurteilen Sie die Rolle von Gold?

Gold und Edelmetalle sind aus unserer Sicht Versicherungen gegen Krisen und gehören grundsätzlich in jedes langfristig und konservativ ausgerichtete Portfolio. Die Übertreibung der vergangenen Jahre ist vorbei und die Kurse werden oder sind bereits interessant für den Investor, der bisher gar nicht positioniert ist.

Welches sind die größten Herausforderungen, vor denen ein Vermögensverwalter in den nächsten drei bis fünf Jahren steht?

Die größten Herausforderungen liegen darin, die Volatilitäten an den Kapitalmärkten für die Kunden nachhaltig mehrwertstiftend mit einer schwankungsarmen Wertentwicklung zu nutzen. Darüber hinaus gilt es, die geeigneten Mitarbeiter zu finden, die sich dieser Herausforderung stellen wollen. Banken bilden Vermögensverwalter, die Anleger verstehen und denen sie vertrauen und die etwas von den Kapitalmärkten verstehen, nicht mehr aus. Zudem sollte die Regulierung nicht noch größer werden, denn sonst wird unsere Branche durch die Regulierung abgeschafft. Dabei ist der im Interesse des Kunden lauter handelnde Vermögensverwalter ja eigentlich gesucht und politisch ausdrücklich gewollt.

Halten Sie die aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen für die Vermögensverwaltung für zu sehr einschränkend?

Wir erfüllen alle geforderten Themenbereiche und müssen aus diesem Grund keine Klimmzüge machen, allerdings stellt uns die Verpflichtung zur Dokumentation häufig vor Entscheidungen, die vor zehn Jahren überhaupt nicht diskutiert wurden. Für die Mifid II sollte jeder Vermögensverwalter bereits jetzt aufgestellt sein und immer für die kommende Gesetzesänderung vorab gewappnet sein. Ansonsten hat der Vermögensverwalter dann in der heißen Phase keine oder nur wenig Zeit um sich um seine Hauptaufgabe zu kümmern, den Schutz und die Mehrung der anvertrauten Vermögenswerte.

Von der Gesetzgebung wünschen wir uns, dass wir überhaupt als im Sinne des Schutzes der Verbraucher, der Bürger und der Anleger tätige Gruppe wahrgenommen und gehört werden. Den Eindruck haben wir seit Jahren nicht. Wir werden sehr häufig in einen Topf mit nicht geprüften und nicht überwachten und nicht regulierten Finanzberatern geworfen und das entspricht weder der Wahrheit noch ist dies im Sinne der renditesuchenden Anleger.

Wie gewinnen Sie neue Berater? Worauf achten Sie bei der Auswahl?

Neue Berater gewinnen wir auf unterschiedlichsten Wegen. Pressearbeit, Online Netzwerke, persönliche Netzwerke und Empfehlungen sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Bei der Auswahl kommt es darauf an, dass der Kandidat ein Typ ist. Er muss profunde Kenntnisse im Anlagegeschäft aufweisen und die Fähigkeit haben, Menschen zuzuhören und sie langfristig begleiten zu wollen. Verkäufer werden zur Tür begleitet, Beratern der Vertrag angeboten.

Welchen Bildungsweg würden Sie einem Abiturienten empfehlen, der in die Vermögensverwaltung als Berufsziel hat?

Eine Bankausbildung, ein Studium der Finanzökonomie und/oder ein duales Studium  mit wirtschaftswissenschaftlichem Hintergrund und Praxisbezug sind aus unserer Sicht sinnvoll. Die praktische Erfahrung ist extrem wichtig für unseren Nachwuchs und unsere Talente. Idealerweise verfügt der Kandidat über einen finanzplanerischen Hintergrund (CFP), um über den Tellerrand der Vermögensverwaltung hinaus auch die Komplexität der gesamten Vermögensstruktur verstehen und beratend begleiten zu können.

Info: Heiko Löschen, CFP, berät bei Mademann & Kollegen vermögende Privatkunden in Hamburg. Die unabhängige Vermögensverwaltung Mademann & Kollegen wurde 2013 in Düsseldorf gegründet. Gründer Michael Mademann war zuvor bereits 20 Jahre lang als Partner einer anderen Vermögensverwaltung aktiv. Das Unternehmen berät Privatanleger mit einem liquiden Vermögen über 250.000 Euro an mehreren Standorten und verwaltet Assets in Höhe von 200 Millionen Euro.

Von: Oliver Lepold

Quelle: DAS INVESTMENT.

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