Das Investment: Indien als nächste Weltmacht?

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 17.09.2014. Im Konkurenzkampf zwischen Indien und China liegen beide Länder momentan gleichauf. Lorenz Reibling, Senior Partner und Vorstand der Taurus Investment Holdings, stellt die Frage, ob Indien China auf dem Weltmarkt einholen kann.

Glauben wir an Indien als die nächste Weltmacht, weil wir es müssen? Glauben wir, dass Indien sich gegenüber China und seinem staatlich gesponserten Kapitalismus durchsetzen kann, weil unser politisches und ökonomisches Selbstverständnis davon abhängt? Muss Indien gewinnen, damit die Überlegenheit der Demokratie und der freieren Marktwirtschaft bewiesen ist? Oder hat Indien die nachhaltigere Erfolgsgeschichte?

Aktuell sind China und Indien gleichauf, allerdings nicht im positiven Sinne: Die Krise der Emerging Markets verlangsamt das Wirtschaftswachstum in beiden Ländern. Investoren ziehen ihr Geld ab. Laut einer Feri-Studie wird das Interesse an Aktienfonds, die in Schwellenländern investieren, 2014 weiter nachlassen.

Während im Frühjahr 2012 rund 45 Prozent der Befragten für solche Aktienfonds noch mit einem „sehr guten” Absatz rechneten, sind es in der aktuellen Befragung nur etwa 12 Prozent. Die internationalen Kapitalströme, die in den Boomjahren die Blüte der Emerging Markets hervorbrachten, drohen zu versiegen. Und es werden die Risse innerhalb des jeweiligen Fundaments sichtbar.

Risse gibt es viele: Indien leidet unter seiner überbordenden Bürokratie. Eine Untersuchung von Mckinsey zeigt auf, dass es fünf bis sechs Jahre braucht, um in Indien ein Kraftwerk zu errichten – doppelt so lange wie in China. Und das, obwohl Indiens Firmen wesentlich besser aufgestellt sind als ihre chinesische Konkurrenz.

Die Investment-Bank CLSA hat ermittelt, dass indische Unternehmen im Durchschnitt einen höheren Gewinn und ROE erwirtschaften als chinesische. Das deutet auf Expertise im Management hin, und eine solche Expertise ist vor allem momentan kriegsentscheidend.

Denn beide Länder wollen nicht mehr nur Güter und Dienstleistungen kostengünstig anbieten, sondern auch echte Innovationen hervorbringen. Made in China beziehungsweise India soll in Zukunft zum Qualitätssiegel werden.

Indiens freie Marktwirtschaft ist hier klar im Vorteil. Denn in China übt der Staat weiterhin zu viel Einfluss auf die Wirtschaft aus und erzeugt Fehlallokationen. Beispiel Immobiliensektor: Seit 1990 sind allein in Schanghai 10 Millionen Quadratmeter Büroflächen entstanden.

Die Nachfrage sinkt mittlerweile, was die staatlichen Bauträger nicht davon abhält, hochpreisige Prestigebauten wie den Shanghai Tower fertigzustellen. Anders in Indien: Die Nachfrage hält an. In Mumbai und Neu-Delhi steigen die Mieten für Büroimmobilien und bescherten Investoren im dritten Quartal 2013 Renditen von 9,4 beziehungsweise 8 Prozent.

Indiens Wirtschaft profitiert von der Jugend

Doch ist der entscheidende Vorteil, den Indien gegenüber China ausspielen kann, seine Jugend. Indiens Bevölkerung wächst kontinuierlich: Laut Citigroup wird Indien 2050 der größte Absatzmarkt der Welt sein.

Das Brookings Institut hat errechnet, dass Indiens Mittelschicht bereits 2030 mehr konsumieren wird als die Chinas oder der USA. Indiens Junge sind dann in der Mehrheit. Das macht sie politisch mächtig, um die notwendigen Reformen in ihrem Land durchzusetzen.

Ganz anders in China: Befürworter argumentieren zwar, dass sich die Regierung langsam dem Westen öffnen und Reformen ermöglichen wird. Dabei übersehen sie jedoch, dass es für Li Keqiang innenpolitisch kaum eine Notwendigkeit zum Kurswechsel gibt. Denn die chinesische Ein-Kind-Politik führt dazu, dass China zu wenige junge Menschen hat, die als Treiber für eine weitere Öffnung gen Westen agieren könnten.

Die Jüngeren sind politisch die klare Minderheit und weitgehend machtlos gegenüber den Älteren, die noch die Zeiten der kommunistischen Diktatur kennen und deshalb eher mit dem Status quo relativ zufrieden sein dürften.

Die Ein-Kind-Politik führt allerdings auch dazu, dass China als Schwellenland jetzt schon die soziodemografischen Probleme einer entwickelten Wirtschaft hat: Die Gesellschaft überaltert, aber China hat kein Sozialsystem, das die alternde Bevölkerung absichern kann.

Und solange das nicht etabliert ist, wird der Binnenkonsum nicht signifikant ansteigen und die chinesische Wirtschaft weiterhin vom Export und (staatlichen) Investitionen abhängen. Damit wird China zwar noch auf lange Sicht eine dominante Wirtschaftsmacht bleiben – doch das nachhaltige Wachstum sehe ich in Indien.

Von: Lorenz Reibling

Quelle: DAS INVESTMENT.

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