Das Investment: Konjunktur: Das Ende des Gleichschritts

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 20.01.2015. Die konjunkturelle Entwicklung verläuft in verschiedenen Volkswirtschaften der Welt sehr unterschiedlich. Die Volkswirtschaften und damit die Finanzmärkte bewegen sich nicht mehr alle in dieselbe Richtung, meint Holger Knaup, Geschäftsführer von der Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung.

Während die amerikanische Notenbank Fed ihre ultra-lockere Geldpolitik etwas zurückfährt, öffnen die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan (BoJ) jetzt erst so richtig ihre Geldschleusen. Die divergierenden Maßnahmen der Notenbanken resultiert aus den unterschiedlichen Konjunkturentwicklungen. In den USA wächst die Wirtschaft wieder mit einer Jahresrate von rund 3 Prozent. Die Arbeitslosenquote sank unter 6 Prozent. Das entschlossene Handeln der Fed seit der Lehman-Pleite zeigt offenbar Wirkung.

Darüber hinaus verfügen die USA als Einwanderungsland über eine wachsende Bevölkerung. Das wirkt sich positiv auf die Demographie aus und stützt den Binnenkonsum. Dazu kommen noch Produktivitätsfortschritte und die Erschließung umfangreicher Öl- und Gasvorkommen durch die Fracking-Technologie. Der auch dadurch bedingte Verfall der Öl- und Gaspreise kommt für die amerikanischen Unternehmen und Verbraucher einer massiven Steuersenkung gleich. Das alles wirkt sich an den Aktien-, Anleihen- und vor allem an den Devisenmärkten aus. Die Wechselkurse spiegeln die zurückgewonnene Dynamik der größten Volkswirtschaft der Welt am deutlichsten wider. Seit dem Sommer 2014 stieg der US-Dollar gegenüber dem Euro um rund 12 Prozent. Im Vergleich zum japanischen Yen wertete der Greenback sogar um 17 Prozent auf.

Japanische Verhältnisse in Euroland

In der Eurozone und in Japan kommt die Konjunktur dagegen nur schleppend auf die Beine. In Euroland gehen die Verbraucherpreise immer weiter zurück. In Deutschland fiel die Teuerungsrate im November auf nur noch 0,6 Prozent. In Euroland liegt sie sogar noch tiefer – es droht möglicherweise eine Deflation. Das Wachstum ist kaum spürbar. Kurz gesagt: Es herrschen japanische Verhältnisse. Zwar verzeichnen Spanien, Portugal, Irland und selbst Griechenland wieder ein BIP-Plus von etwas mehr als 1 Prozent. Das wirtschaftlich bedeutendere Italien kämpft aber gegen rezessive Tendenzen. Auch Frankreich zeigt sich durch seinen Reformstau gelähmt.

Zumindest in Deutschland belebt sich die Konjunktur, wenn auch nur langsam. Die Bundesrepublik bleibt wohl auch 2015 international wettbewerbsfähig – trotz der „Reformen“ in der Renten- und Arbeitsmarktpolitik und der Einführung des Mindestlohns. In Deutschland ist allerdings seit Jahren eine chronische Investitionsschwäche zu beobachten.

Insgesamt bleibt in Euroland abzuwarten, welchen Impuls das von der EU-Kommission geplante Konjunkturpaket von 300 Milliarden Euro liefern kann und in welchem Umfang damit private Investitionen stimuliert werden. Zweifel am Erfolg Brüssels sind durchaus angebracht. Die internationalen Finanzinvestoren blicken auf jeden Fall mit Argusaugen auf Euroland. Das ist vor allem für den deutschen Aktienmarkt bedeutsam, da sich die 30 Dax-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand befinden.

Tokio druckt nur Geld

In Japan sieht die Lage nicht besser aus. Der Rückfall in die Rezession zeigt sehr deutlich, dass Liquidität als Allheilmittel zur Ankurbelung der Wirtschaft dauerhaft nicht reicht. Aufgrund der (kurzfristigen) Erfolge der Abenomics, also der von Premierminister Shinzo Abe verfolgten Wirtschafts- und auch Geldpolitik, sind dringend benötigte Strukturreformen bisher vernachlässigt worden. Angesichts des erneuten Rezessionsszenarios dürften der angekündigten Ausweitung der Wertpapierkäufe weitere Schritte der Bank of Japan folgen.

Durch die massive Abwertung des Yen unterstützt Japan seine Exportindustrie. Gleichzeitig exportiert Nippon seine Deflation ins Ausland und versucht, durch steigende Preise für Importgüter im eigenen Land Inflation zu erzeugen. Die hartnäckige Reformunfähigkeit Tokios lässt uns allerdings trotz aller geldpolitischer Maßnahmen weiterhin sehr skeptisch auf Japan blicken.

BRICS mit enormen Schwierigkeiten

In den Schwellenländern dürfte die Aufholphase, die in der Vergangenheit eine überdurchschnittliche Investitionstätigkeit generierte, beendet sein. Davon sind insbesondere die großen BRICS-Staaten betroffen. Brasilien hat zwar im dritten Quartal die Rezession technisch vorerst überwunden. Das BIP wuchs aber nur um 0,1 Prozent. Das Land hat jahrelang von der weltweit hohen Nachfrage nach seinen Rohstoffen profitiert. Jetzt, wo die Preise fallen, zeigt sich, dass die immerhin siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt zu viel Geld für Konsum statt für Investitionen ausgegeben hat.

Noch wesentlich dramatischer wirken sich die Preisrückgänge bei Rohstoffen in Russland aus. Sowohl der Export als auch der Staatshaushalt basieren hauptsächlich auf dem Verkauf von Öl und Gas. Es zeigt sich, dass die russische Wirtschaft sonst nur wenig zu bieten hat. Das BIP Russlands wird 2015 um voraussichtlich 4,5 Prozent schrumpfen. Indien tut sich fast traditionell mit Reformen schwer. Und in China wurde jahrelang Kapital fehlinvestiert. Das zeigt sich unter anderem in der Immobilienblase und in Geisterstädten. Der Konjunktur droht eine harte Landung. Über Südafrika schrieb bereits im vergangenen Jahr das Handelsblatt, dass sich das Land durch Bürokratie und Rassismus selbst demontiere. In allen BRICS-Staaten bremst zudem die weit verbreitete Korruption das Wirtschaftswachstum. Das alles erfordert eine politische und wirtschaftliche Neuausrichtung dieser Länder.

Klar ist: Die Weltwirtschaft wird 2015 nicht brummen, aber eine Rezession ist nicht in Sicht. Die USA knüpfen wieder an ihre alte wirtschaftliche Dynamik an. Euroland kehrt zaghaft auf den Wachstumskurs zurück. Und die Schwellenländer schalten einen Gang runter, legen aber nicht den Rückwärtsgang ein. Das Wachstumstempo der Weltwirtschaft wird unter dem der Vorjahre zurückbleiben. Aber immerhin: Die Weltwirtschaft wächst.

Über den Autor: Holger Knaup ist Geschäftsführer von der Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung

Quelle: DAS INVESTMENT.

Von: Holger Knaup

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