Das Investment: Es wird konkret: Das bedeutet der jüngste Mifid-II-Entwurf für Berater

sjb_werbung_das_investment_300_200Am Montag legte die EU-Kommission die delegierte Verordnung für Mifid II vor. Damit bestimmte sie die Level-2-Maßnahmen für die Finanzrichtlinie. Was dies für Berater konkret bedeutet, erklärt Rechtsexperte Christian Waigel.

Am 25.04.2016 hat die Europäische Kommission wieder einen delegierten Rechtsakt vorgelegt. Diesmal den Entwurf für eine Verordnung mit einigen wichtigen Definitionen, Organisationspflichten von Instituten hinsichtlich Geschäftsleitung, Compliance und Aufzeichnungspflichten, aber auch zu wichtigen Themen des Anlegerschutzes, wie zum Beispiel zur Anlageberatung, zur Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung und der Telefonaufzeichnung.

Insgesamt werden 19 Ermächtigungen aus der Mifid II-Richtlinie genutzt und viele weitere Detailvorgaben für die Mifid II-Umsetzung vorgestellt. Es handelt sich um über 130 Seiten detaillierter Vorgaben, wir wollen uns in diesem Newsletter auf einige wesentliche Aspekte zum Anlegerschutz beschränken:

Anlageberatung

Die Definition der Anlageberatung bleibt weitgehend unverändert. Eine Anlageberatung wird weiterhin nur erbracht, wenn eine persönliche Empfehlung an einen Anleger gegeben wird und die Empfehlung als für ihn geeignet dargestellt wird oder auf eine Prüfung seiner persönlichen Verhältnisse gestützt ist. Damit wird die Anlageberatung nicht weiter gefasst und nicht hin zum sogenannten „generic advice“ weiterentwickelt.

Galt aber nach Mifid I eine Empfehlung nicht als persönliche Empfehlung, wenn sie über sogenannte „öffentliche Verbreitungskanäle“ erteilt wurde, so wird diese Ausnahme nun enger gezogen. Die Nutzung eines „öffentlichen Verbreitungskanals“ schützt nicht mehr automatisch davor, in die Anlageberatung zu rutschen.

Vielmehr gilt die Empfehlung nur dann nicht als persönliche Empfehlung, wenn sie „ausschließlich für die Öffentlichkeit“ gegeben wird. Rund-Emails oder sonst elektronisch verbreitete Newsletter und Börsenbriefe können daher eine Anlageberatung sein, ihre Verbreitung über „öffentliche Verbreitungskanäle“ schließt eine Anlageberatung nicht aus.

Notwendig wird sein, diese Informationen mindestens auf der Homepage zu verbreiten, damit sie sich „ausschließlich“ an die Öffentlichkeit richten. Individuelle Versendungen per Email an Bestandskunden können eine Anlageberatung sein. Marketingabteilungen müssen daher in Zukunft auf diesen Punkt achten!

Interessenkonflikte

Für Interessenkonflikte stellt der delegierte Rechtsakt klar, dass diese nicht einfach nur den Kunden offengelegt werden können. Die Offenlegung von Interessenkonflikten sei „ultima ratio“. Es wird daher in Zukunft nicht ausreichen, möglichst viele Interessenkonflikte in der Conflict of Interest Policy einfach nur offenzulegen. Vielmehr muss das Institut sich darum kümmern, die Interessenkonflikte tatsächlich so weit wie möglich zu reduzieren und erst dann, wenn organisatorische und administrative Vorkehrungen nicht mehr ausreichend gewährleisten können, dass ein Interessenkonflikt besteht, darf dieser offengelegt werden.

In der Offenlegung muss dann konsequenterweise entsprechend deutlich angegeben werden, dass die organisatorischen Vorkehrungen nicht ausreichen, um einen Interessenkonflikt auszuschließen und eine genaue Beschreibung des Interessenkonflikts gegeben werden.

Kosten

Die Kostentransparenz wird deutlich verschärft. Dem Kunden sind im Voraus (ex ante) und im Nachhinein (ex post) alle Kosten und Nebenkosten anzugeben. In diesem Rahmen sind dem Kunden alle Kosten der Dienstleistung (zum Beispiel Anlageberatung, Vermögensverwaltung, Verwahrung) als auch die Kosten des jeweiligen Wertpapiers mitzuteilen. Zu den Kosten des Wertpapiers gehören auch die Verwaltungsgebühren, Tauschgebühren, die Finanzierungskosten innerhalb des Produkts und zum Beispiel im Fonds auch die Kosten und Steuern für eine Wertpapierleihe.

Ergeben sich diese Kosten nicht aus dem KIID oder dem KID, muss der Anbieter diese Kosten selbst berechnen und sie sich gegebenenfalls von der Fondsgesellschaft besorgen. Der Kunde muss auch eine Veranschaulichung der kumulativen Wirkung der Kosten auf die Rendite erhalten. Dazu ist die Wirkung der Gesamtkosten darzustellen, inklusive einer Veranschaulichung zu voraussichtlichen Kostenspitzen, und dazu eine eigene Beschreibung zu erstellen.

Unabhängige Anlageberatung

Für die unabhängige Anlageberatung (Honoraranlageberatung) wird das Verfahren für das vorzuhaltende Research festgelegt. Nur wenn das Research eine umfassende Marktabdeckung beinhaltet, darf sich der Anlageberater als unabhängig (Honoraranlageberater) präsentieren.

Spezialisiert sich der Anlageberater auf bestimmte Segmente, so darf er sich nur unabhängig nennen, wenn er sich an ein spezielles Kundenspektrum wendet und der Kunde angibt, dass er lediglich an diesem konkreten Spektrum interessiert ist und das Angebot des Beraters für diesen spezialisierten Kunden geeignet ist.

Das Erbringen von unabhängiger und nicht unabhängiger Anlageberatung in einem Institut ist zulässig, wenn der Kunde darüber genau informiert wird, sich die Firma nicht insgesamt als unabhängig präsentiert und die Bereiche der unabhängigen Anlageberatung (Honoraranlageberatung) und der normalen Beratung getrennt werden.

Roboadvice

Zum Roboadvice enthält der delegierte Rechtsakt eine Klarstellung. Die aufsichtsrechtlichen Pflichten liegen gesamt bei demjenigen, der den Roboadvice anbietet. Er kann sich nicht hinter einem elektronischen System oder einem Algorithmus verstecken. Vielmehr obliegt ihm das gesamte Spektrum der aufsichtsrechtlichen Pflichten, nämlich Kundeninformation, Wphg-Bogen einholen, Geeignetheitsprüfung/Suitability-Test etc.

Er kann daher seine Verantwortung nicht auf den Einsatz eines elektronischen Systems beschränken. Das heißt, auch für Roboadvisor gelten die vollumfassenden Pflichten der Mifid II von Kundenerfassung, Wphg-Bogen, Kundeninformation und Geeignetheitsprüfung.

Geeignetheitsprüfung

Beabsichtigt ein Anlageberater eine Empfehlung zur Umschichtung zu geben oder nimmt ein Vermögensverwalter eine Umschichtung vor, muss er erneut in den Wphg-Bogen des Kunden sehen und angesichts des bestehenden Portfolios des Kunden und der empfohlenen Neuinvestition eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen.

Er muss belegen können, dass die Vorteile der Umschichtung deren Kosten überwiegen. Eng damit zusammen hängt die Verpflichtung, unter Berücksichtigung von Kosten und Komplexität zu beurteilen, ob die Wertpapierdienstleistung oder die Wertpapiere dem Anlegerprofil des Kunden gerecht werden können.

Beratungsprotokoll

Der Anlageberater hat einen Bericht (kein Protokoll) mit einem Überblick über die erteilten Ratschläge zu erstellen. Darin muss erläutert werden, inwiefern die Empfehlung zu dem Privatanleger passt. Dazu gehört die Information, inwieweit die Empfehlung dem Anlageziel und den persönlichen Umständen des Kunden hinsichtlich der erforderlichen Anlagedauer entspricht und ob sie seinen Kenntnissen und Erfahrungen und seiner Risikobereitschaft und Verlusttragfähigkeit gerecht wird.

Dies wäre gegenüber dem jetzigen deutschen Beratungsprotokoll eine Erleichterung, weil die Empfehlung nicht mehr begründet werden muss, sondern dargelegt werden muss, dass die Empfehlung für den Kunden geeignet ist, das heißt warum die Geeignetheitsprüfung/ der Suitability Test positiv aufgefallen ist.

Die europäische Vorgabe enthält damit nicht die Verpflichtung zur Individualisierung, wie jetzt von der Bafin gefordert, sondern ließe auch standardisierte oder elektronisch generierte Berichte zu. Ob Deutschland über diese Anforderungen hinaus geht, muss die weitere Umsetzung erweisen, die europäische Vorgabe würde es nicht verlangen.

Reporting-Verpflichtung

In der Vermögensverwaltung soll immer ein Verlustreporting erstellt werden, wenn das Portfolio um 10 Prozent gefallen ist und bei jedem weiteren Wertverlust in 10 Prozent-Schritten. Das regelmäßige Reporting ist mehr als einmal im Jahr vorzunehmen, wenn ein „höheres Risikoprofil“ des Kunden vorliegt. Das dürfte die Neigung der Institute, dem Kunden regelmäßig freiwillig Eignungsbeurteilungen zu übersenden, deutlich mindern.

Telefonaufzeichnung

Es wird noch einmal klargestellt, dass sich die Aufzeichnungspflicht auf die Annahme-, Weiterleitung und Ausführung von Aufträgen für Neu- und Altkunden bezieht. Institute müssen für diese Fälle eine schriftliche Aufzeichnungs-Policy für Telefonate erstellen. Es müssen alle Personen erfasst werden, denen Firmentelefone zur Verfügung gestellt wurden.

Mitarbeiter müssen hinsichtlich der Aufzeichnungs-Policy geschult werden. Die Aufzeichnungs-Policy muss folgenden Inhalt haben: – Definition der Telefongespräche und sonstigen elektronischen Kommunikation (einschließlich relevanter interner Gespräche und elektronischer Kommunikation), die aufgezeichnet werden), – Verfahren und Maßnahmen zur Telefonaufzeichnung. Die Kunden müssen rechtzeitig vor Ordererteilung über die Telefonaufzeichnung informiert werden.

Dem Kunden muss angeboten werden, dass eine Kopie der Aufzeichnungen über fünf Jahre zur Verfügung gestellt werden kann. Verlangt wird nicht die Erstellung einer Abschrift sondern eine Kopie der Aufzeichnungen. Das erfordert eine entsprechende systematische Aufzeichnung und Archivierung, damit dem jeweiligen Kunden sein Mitschnitt in Kopie zur Verfügung gestellt werden kann.

Aufzeichnung Kundengespräch

Zu persönlichen Kundengesprächen sind mindestens Datum und Uhrzeit der Besprechung, Ort der Besprechung, persönliche Angaben des Anwesenden, Initiator der Besprechung und weitere Informationen über den Kundenauftrag (Preis, Umfang, Auftragsart und Zeitpunkt der Weiterleitung) vorzunehmen.

Von: Christian Waigel

Quelle: DAS INVESTMENT.

Siehe auch

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