Das Investment: Die größten Probleme von MLP, DVAG & Co.

sjb_werbung_das_investment_300_200Der Kursverfall der MLP-Aktie zeichnet ein besorgniserregendes Bild von der Zukunft der deutschen Finanzvertriebe. Der Branche ist ihr wichtigstes Geschäftsfeld weggebrochen. Vermittler welcher Unternehmen davon besonders betroffen sind, erläutert Branchenexperte Christian Mylius.

Die MLP Gruppe hat im Geschäftsjahr 2015 in nahezu allen Beratungsfeldern Zuwächse erzielt“, teilte der Finanzdienstleister aus Wiesloch anlässlich seiner Jahrespressekonferenz Ende Februar mit. Einzige Ausnahme sei der Bereich Altersvorsorge, bei der „anhaltend schwierige Rahmenbedingungen“ herrschten.

Deutlich wird dieses negative Umfeld für den Absatz von Produkten zur privaten Altersvorsorge an der Beitragssumme im entsprechenden MLP-Neugeschäft: Sie sank 2015 gegenüber dem Vorjahr um knapp 16 Prozent auf 3,47 Milliarden Euro. Damit droht die bisherige Abhängigkeit vom Vorsorgegeschäft zum unternehmerischen Risiko zu werden.

Kosten, Konzernumbau, wiederkehrende Erlöse

Um die marktbedingten Rückgänge im Geschäft mit der Altersvorsorge abzufedern, will MLP sein Kosten-Management nochmals straffen und den strategischen Umbau der vergangenen Jahre weiter beschleunigen. Ziel sei es, den Anteil der wiederkehrenden Erlöse von heute 60 Prozent auf nahezu zwei Drittel zu steigern.

An der Börse haben diese Ankündigungen eine Woche nach ihrer Bekanntgabe kaum Früchte getragen: Die MLP-Aktie dümpelt noch immer im Kurskeller vor sich hin. Als Konsequenz droht dem einstigen Dax-Titel sogar der Abstieg aus dem S-Dax.

Dieses Szenario verdeutlicht die Brisanz der Abhängigkeit von Abschlussprovisionen, die künftig noch weiter beschnitten werden dürften. Darauf deutet zumindest eine aktuelle Aussage eines Verantwortlichen der deutschen Regulierungsbehörde hin.

Oberster Versicherungsaufseher unzufrieden

Deutschlands oberster Versicherungsaufseher ist noch nicht zufrieden: Frank Grund, zuständiger Exekutivdirektor bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), fordert weiter sinkende Abschlusskosten für Lebensversicherungen.

Die bisherigen Anstrengungen hierzu im Zuge der Umsetzung des 2015 in Kraft getretenen Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) seien wohl nicht ausreichend, berichtet das Versicherungsportal Pfefferminzia. „Hier ist noch Einiges zu tun“, so Grund.

Einbußen bei Umsatz und Gewinn

Entsprechende gesetzliche Neuregelungen würden einige Versicherungsvermittler erneut besonders hart treffen: „Viele Finanzvertriebe, die bisher vor allem auf das Personengeschäft gesetzt haben, müssen Einbußen in Umsatz und Gewinn hinnehmen“, sagt Christian Mylius.

Der Managing Partner der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Innovalue erklärt: „Der erste Einschlag waren die begrenzten Provisionen für die Vermittlung von Privaten Krankenversicherungen. Dann folgte mit dem LVRG der zweite Einschlag.“

Ein „LVRG 2“ ist nicht ausgeschlossen

Und bald könnten weitere Schritte der Regulierung von Lebensversicherern folgen, so Mylius weiter. „Ein ‚LVRG 2‘ ist nicht ausgeschlossen.“ Wichtig sei es für die Finanzvertriebe daher, „strategische Maßnahmen einzuleiten, die die Gewinn- und Verlustrechnung wieder in die richtige Richtung bringen“.

Das sei dringend notwendig, wenn die LV-Abschlussprovisionen weiter sinken sollten. Die strategische Managementberatung mit Niederlassungen in Hamburg, Frankfurt und London hat eine Simulation erstellt, welches wirtschaftliche Risiko in diesem Fall für die großen deutschen Finanzvertriebe besteht. Mylius: „Dabei zeigt sich, dass auch ‚große Tanker‘ kippen könnten.“

Laufende Einnahmen stärker fokussieren!

„Die Herausforderung ist somit, nun den Kurs insbesondere der großen und naturgemäß etwas schwerfälligen Tanker zu ändern“, kommentiert Mylius. Konkret müsse es zum Beispiel gelingen, „laufende Einnahmen wie Bestandsprovision stärker zu fokussieren und im eigenen Geschäftsmodell nachhaltig zu verankern“.

Einen solchen Kursschwenk würden auch die an die Finanzvertriebe angeschlossenen Vermittler zu spüren bekommen. Denn bei künftig noch weiter wegbrechenden Einnahmen der Finanzvertriebe aus Abschlussprovisionen gibt es insgesamt weniger zu verteilen.

Flachere Strukturen weniger stark betroffen

„Davon sind allerdings die Vertriebe mit flacheren Strukturen wie MLP weniger stark betroffen als sogenannte ‚Aufbauvertriebe‘ mit ausgeprägter Struktur“, führt Mylius aus. Denn dort werde in der jede Stufe am Geschäft jeweils mitverdient.

Kaum Anpassungsbedarf hätten dagegen klassische Makler, bei denen ein Großteil des Umsatzes aus dem Komposit-Geschäft mit Firmenkunden stammt. Bei ihnen werde oftmals ohnehin der überwiegende Umsatzanteil aus laufenden Einnahmen generiert.

Vertriebe entdecken neue Umsatzquellen

Als Reaktion ist im Markt zu beobachten, dass viele Finanzvertriebe seit zwei bis drei Jahren versuchen, neue Umsatzquellen zu entdecken und ihr Geschäft auszuweiten. „So hat zum Beispiel Tecis sein Angebot um den Immobilienbereich erweitert“, sagt Mylius.

„Und MLP oder auch Fonds Finanz haben ihr Sachversicherungsgeschäft stark ausgebaut.“ Besonders weit sei in dieser Hinsicht die DVAG, die sich schon seit längerer Zeit mit dem Ausbau des Komposit-Geschäfts beschäftigt und hier mittlerweile sogar relevante Umsatzanteile mit Firmenkunden erwirtschafte.

„Viele Marktteilnehmer haben Nachholbedarf“

Auch bei der Digitalisierung der Finanzbranche sei die DVAG früh gestartet und war zum Beispiel der erste große Finanzvertrieb gewesen, der seine Vermittler mit Tablet-Computern ausstattete. „Auch hier haben viele Marktteilnehmer großen Nachholbedarf und laufen Gefahr was die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells angeht ins Hintertreffen zu geraten.“

Denn mit den neuen Online-Kommunikationsmöglichkeiten verlagere sich das persönliche Beratungsgespräch der Zukunft vom heimischen Wohnzimmer in den Chat-Room. Darauf müssten sich die Finanzvertriebe einstellen, was den kapitalstarken Großvertrieben im Vergleich zu kleineren Mitbewerbern leichter fallen dürfte.

Vermittler als lebenslanger Ansprechpartner

Mylius zufolge ist es für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Finanzvertriebe zudem wichtig, das Geschäftsmodell noch stärker auf den Kunden auszurichten. Dieser sollte ganzheitlich zu Vorsorge, Finanzierung und Investments beraten werden. Und die Service-Leistungen für den Kunden sollten digital unterstützt werden.

Der Innovalue-Experte ist sich sicher: „Wenn der Kunde das in Summe als Wert wahrnimmt, wird er den Vermittler als lebenslangen Ansprechpartner schätzen und ihn dafür auch vergüten.“

Den Anspruch, Kunden lebensbegleitend zu beraten, verfolgt auch Markus Leibundgut. „Wir sind mehr zum Kunden herausgegangen und haben Analysen gemacht – in der Überzeugung, mehr für den Kunden zu tun“, zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Deutschland-Chef von Swiss Life.

Konsequenzen für die Zahl der Vermittler

Bei der Nummer drei unter den deutschen Finanzvertrieben, Swiss Life Select, hat sich die Zahl der Vermittler Leibundgut zufolge zwischen 2001 und 2014 auf 3000 in etwa halbiert. Zum Vergleich: Bei MLP ist die Zahl der Kundenberater von etwa 2.600 auf aktuell 1.935 gefallen.

MLP-Vorstandsvorsitzender Uwe Schroeder-Wildberg wird in dem FAZ-Beitrag mit der Erwartung zitiert, die Zahl aller Versicherungsvermittler in Deutschland dürfe künftig unter die 200.000-Marke fallen.

MLP selbst hingegen will seine Recruiting-Offensive fortsetzen nachdem der Finanzvertrieb in den vergangenen zwei Jahren brutto insgesamt mehr als 55.000 Neukunden gewonnen hat.

Neben dem Umsetzen der Digitalisierungsstrategie und dem Verbreitern der Umsatzbasis zähle nämlich auch das Gewinnen neuer Berater zur Zukunftsstrategie des Unternehmens.

Von: Christian Hilmes

Quelle: DAS INVESTMENT.

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