Das Investment: Befeuert die Scheinwelt der Notenbanken die Bankenkrise?

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 04.02.2014. Das Handeln des Notenbankchefs entscheidet über die Zinslast des Staates, meint Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner.

Bei der aktuellen Geldpolitik von EZB-Chef Draghi bleiben dabei noch viele Fragen offen. Die Notenbanker unserer Zeit sind die großen Schöpfer der Marktwirtschaft. Die Europäische Zentralbank hat mit tatkräftiger Unterstützung der anderen großen Notenbanken eine eigene, eine künstliche Welt geschaffen.

Nicht mehr Unternehmensnachrichten bewegen die Aktienkurse, sondern das Handeln von Mario Draghi, jetzt auch Janet Yellen. Nicht mehr die Steigerung der Wirtschaftsleistung oder die Verringerung der Schuldenlast entscheidet über die Zinslast des Staates, sondern das Handeln dieser Notenbankchefs. Die Notenbanken setzen den Markt außer Kraft.

Preissignale, die der Marktwirtschaft erst ihren Sinn verleihen, funktionieren nicht mehr. Wie paradox die Scheinwelt der Notenbanker ist, zeigen die zuletzt üblichen Reaktionen an den Börsen.

Positive Konjunkturdaten führen zu Kursverlusten an den Börsen, weil die Märkte befürchten, die Notenbanken könnten schneller von Krisen- auf Normalmodus umschalten – und umgekehrt. Dass uns die von den Notenbanken geschaffene künstliche Welt auf absehbare Zeit erhalten bleibt, machte EZB-Chef Draghi bereits deutlich.

Mehr noch: Während die forscheste aller Zentralbanken, die amerikanische Fed, zumindest erste, wenn auch zaghafte Schritte hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik wagt, wird Draghi aller Voraussicht nach in den kommenden Monaten seinen expansiven Kurs beschleunigen.

Zu schwach ist die Kreditvergabe in den Südländern Europas, zu nah bewegen wir uns in Europa am Rande der Deflation. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass Draghi weitere unkonventionelle Instrumente einsetzen wird – sei es der negative Einlagenzins, sei es der flächendeckende Aufkauf von Staatsanleihen.

EZB im Krisenmodus

Bereits im sechsten Jahr befindet sich die Notenbank im Krisenmodus. Und es gibt durchaus Gründe anzunehmen, dass Draghi es sich in diesem Modus bequem macht.

Oberflächlich betrachtet, scheint der Erfolg ihm Recht zu geben. Wer wollte bestreiten, dass seine berühmte Londoner „Whatever it takes“-Erklärung, eine Art Bestandsgarantie für den Euro, eine Zäsur im Verlauf der Euro-Krise war. Ein Game-Changer, wie die Engländer sagen.

Mehr oder weniger im Alleingang hat Draghi die Finanzierungskosten der Krisenstaaten auf ein erträgliches Niveau gedrückt – wohlgemerkt, ohne seither auch nur eine einzige Staatsanleihe gekauft zu haben. Nicht ganz zu unrecht wird Draghi deshalb in manchen Krisenländern als Held verehrt.

Viele Fragen bleiben offen

Doch auch ein Draghi  wird sich die Frage stellen müssen: Was bringt es, kapitalschwache Banken im Süden Europas in Kreditengagements zu drängen, die in rezessiven Volkswirtschaften höchst riskant sind?

Legt die EZB hier nicht den Keim für die nächste, vielleicht noch größere Bankenkrise? Wie will die Zentralbank verhindern, dass die Banken die Liquiditätsflut lediglich nutzen, um im großen Umfang Staatsanleihen in die Bücher zu nehmen? Zementiert die EZB damit nicht erst die verhängnisvolle Abhängigkeit zwischen Staaten und Banken, die uns die Krise eingebrockt hat?

Auf diese Fragen gibt es von Draghi noch keine Antworten. Und die Fragen werden dringlicher, je länger die Phase der Notenbank-Scheinwelt andauert. Denn das Billiggeld schafft Abhängigkeiten, und die Entwöhnung kann zu Verwerfungen an den Märkten führen.

Wie schwierig es ist, eine geldpolitische Wende auch nur anzudeuten, hat die Fed im Mai 2013 erfahren müssen. Ein kleiner Hinweis von Ben Bernanke reichte, um die Rendite von US-Staatsanleihen innerhalb von wenigen Wochen zu verdoppeln und eine Kapitalflucht aus den Schwellenländern auszulösen.

Der Erfolg der Notenbankpolitik wird daher letztlich daran bemessen, ob es gelingt, unbeschadet aus der Scheinwelt der Notenbanker in die reale Welt zurückzukehren. Dann erst wird sich die Frage beantworten lassen, ob die Inflationsangst der Deutschen, die Draghi erst vor kurzem etwas unglücklich als „pervers“ beschrieb, wirklich so „irrational“ war.

Quelle: DAS INVESTMENT.

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