Pressemitteilung Degroof Petercam: Geduld, nicht Panik

Degroof Petercam | Brüssel, 24.03.2020.

Alexander Roose, CIO Fundamental Equity bei Degroof Petercam Asset Management (DPAM), gibt einen aktuellen Ausblick auf die Situation an den internationalen Aktienmärkten:

Seit unserem letzten Update vor etwas mehr als einer Woche sind die Aktienmärkte weiter gefallen und wir alle fragen uns, wann sie einen Boden finden werden und ob die Architektur unseres Finanzsystems in der Lage sein wird, der aktuellen Liquiditäts-/Kreditkrise standzuhalten. Sind wir von den regulatorischen Schutzvorkehrungen, die nach der Großen Finanzkrise (GFC) 2008 getroffen wurden, überrumpelt worden, und sind wir zu unwissend über die daraus resultierende mangelnde Liquidität der Kapitalmärkte?

Wenn man sich das Marktgeschehen ansieht, war dies die schärfste und schnellste Korrektur des S&P500 seit 1964, und wir müssen bis in die 1970er Jahre zurückgehen, um einen so plötzlichen Rückgang der Ölpreise zu erleben. Der iTraxx Crossover-Index (ein Indikator für Stress im High Yield Segment) hat Niveaus erreicht, die seit 2011/12 nicht mehr gesehen wurden, und die täglichen Volatilitätsniveaus “konkurrieren” in einer Größenordnung, die zuletzt 2008 erreicht wurde. Systematische Strategien haben ihre Risikobudgets bei weitem ausgeschöpft, und dies, zusammen mit der geringeren Liquidität, verschärft die Korrektur an den Aktienmärkten. Sogar sichere Häfen wie Gold wurden verkauft.

Im Gegensatz zu 2008 sorgen diesmal exogene Faktoren (d.h. COVID-19 und seit letzter Woche der Einbruch der Ölpreise) für die heftigen Börseneinbrüche, wobei die zunehmende Belastung der Cashflows zu einer Kreditklemme führt. Im Jahr 2008/09 war das Gegenparteirisiko an den Finanzmärkten nach der Lehman-Pleite das Hauptthema. Heutzutage könnte eine (potenzielle) Welle von Ausfällen in einer Reihe von Bereichen (z.B. Schieferöl oder Reisen) gesunde Unternehmen und das Finanzsystem kontaminieren.

Eine weltweite Rezession ist jetzt unvermeidlich. Die Kehrtwende Saudia Arabiens in Bezug auf seine Ölpolitik war „der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte“. Wir haben selten eine solche Störung des Wirtschaftswachstums auf globaler Ebene erlebt und Analysten oder Ökonomen ihre Schätzungen in rasantem Tempo nach unten korrigiert. Abwärtsrevisionen des Gewinns pro Aktie (EPS) sind natürlich für die individuelle Aktienperformance von Bedeutung, und wir sehen eine breite Streuung der Performance innerhalb der Sektoren, wobei einige Unternehmen stark von Ausgangssperren betroffen sind (z.B. „Essen außer Haus“), während andere weniger stark betroffen oder sogar begünstigt sind (z.B. „Essen zu Hause“). Letztendlich sind es aber nicht die absoluten Revisionen der EPS, die die allgemeine Marktrichtung in der Zukunft diktieren werden.

Um der negativen Marktentwicklung ein Ende zu bereiten, brauchen wir noch energischere und besser koordinierte monetäre und fiskalische Interventionen, die über die zahlreichen bereits ergriffenen „lebenserhaltenden“ Maßnahmen hinausgehen. Auch die täglichen Infektionsraten in den erstbetroffenen EU-Ländern müssen sich verringern. Wenn der Lockdown in Italien funktioniert und die Gesamtzahl der neuen COVID-19-Patienten nicht mehr im gleichen Tempo steigt, dann kann man davon ausgehen, dass dies auch in anderen Ländern funktionieren wird, und zwar relativ kurzfristig. Was die Interventionen betrifft, so ist der direkte Kauf von Unternehmensschulden oder die direkte Kreditvergabe an Unternehmen erforderlich. Dies liegt derzeit nicht im Rahmen des Mandats der FED, aber dieser Bereich könnte erweitert werden. Außerdem sind mehr fiskalische Maßnahmen von Seiten Deutschlands oder der G7 erforderlich, und auch öffentliche Kommunikations-FauxPas müssen vermieden werden.

Bereits 2008/09 waren die Zentralbanken und sogar die Regierungen gezwungen, bei den geld- und fiskalpolitischen Instrumenten Neuerungen vorzunehmen, da die Krise systemischer Natur war. Heute sind die politischen Entscheidungsträger besser vorbereitet, da die meisten dieser Instrumente getestet worden sind. Gleichzeitig müssen die Regierungen größere Haushaltsdefizite verwalten, eine Option, die angesichts der aktuellen Zinssätze erschwinglich/akzeptabel ist, zumal diesmal die Banken nicht die Ursache der Krise sind.

Daher glauben wir, dass es zu spät ist Aktien zu verkaufen, und dies, obwohl wir sehr auf die Liquidität und die Verschuldung unserer Positionen geachtet haben. Darüber hinaus haben wir es vermieden, Positionen in Unternehmen/Sektoren zu erhöhen, die sich im Auge des Sturms befinden. Dazu gehören Unternehmen aus den Bereichen Reise, Lebensmitteldienstleistungen oder Öl & Gas. Im Reisesektor beispielsweise könnten die Auswirkungen der Ausgangssperren, selbst wenn sie irgendwann aufgehoben werden, länger anhalten als derzeit angenommen. Wir haben unsere Portfolios nicht wesentlich angepasst. Denn wir haben aus der Finanzkrise gelernt, dass gewalttätige Aufwärtsbewegungen in einer Reihe von Sektoren zu einer erheblichen Underperformance führen können, sobald die Marktteilnehmer beginnen, wieder optimistischer zu werden. Der Ratschlag lautet, investiert zu bleiben und einen Anlagehorizont von mehr als sechs Monaten zu verfolgen.

Von Alexander Roose, CIO Fundamental Equity bei DPAM

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