Das Investment: „Der Goldpreis ist seit 1999 um 365 Prozent gestiegen“

sjb_werbung_das_investment_300_200SJB | Korschenbroich, 09.03.2016. Die Krise ist noch lange nicht vorbei, die geplanten Bargeldobergrenzen gepaart mit Negativzinsen werden den Sparer nach und nach enteignen: In einem solchen Umfeld führt kein Weg an Gold vorbei, meint Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit. Goldminen-Aktien hingegen bleiben ein Verlustgeschäft.

DAS INVESTMENT.com: Nach massiven Verlusten im vergangenen Jahr geht es mit dem Goldpreis seit Jahresanfang wieder nach oben. Übliche Marktausschläge oder der Beginn einer Erholungsphase?

Thorsten Polleit: Der Goldpreis (in US-Dollar gerechnet) ist seit Anfang 1999 bis heute um 333 Prozent gestiegen, der S&P 500 nur um 35 Prozent. In Euro gerechnet, ist der Goldpreis in dieser Zeit um 365 Prozent gestiegen. Anleger sollten also nicht so sehr auf die kurze Sicht blicken, sondern den langfristigen Trend vor Augen haben. Langfristig bewahrt Gold seine Kaufkraft – anders als Bargeld, Sichtguthaben und kurzfristig verzinsliche Bankguthaben.

Es kommt natürlich darauf an, dass man es nicht im Zuge extremer Preisbewegungen kauft. Dann kann es nämlich sein, dass die Kaufkraft erhaltene Funktion des Goldes erst in der langen Frist in Erscheinung tritt.  Natürlich kann das Gold zuweilen auch sehr starke Preiszuwächse verbuchen – etwa im Vorfeld oder im Zuge von Finanzkrisen. Das sollte nicht verwundern: Denn Gold ist das „ultimative Zahlungsmittel“; und es ist auch eine Versicherung gegen die Widrigkeiten des ungedeckten Papiergeldsystems.

Ich denke, dass die Geld- und Versicherungsfunktion des Goldes nunmehr wieder stark in Erscheinung treten wird: Das internationale Fiat-Geldsystem gerät zusehends in schwieriges Fahrwasser. Es wird sich nur in Gang halten lassen, wenn immer mehr Geld in Umlauf gebracht wird und Schulden entwertet werden (zum Beispiel durch Schuldenschnitte, Negativzinsen und anderes mehr). Anleger im Euroraum und überall auf der Welt sollten eine wichtige Erkenntnis nicht übersehen: Ungedeckte Währungen kommen und geben. Gold bleibt.

Auch die Nachfrage nach Gold ist stark gestiegen. Wie erklären Sie sich das?

Polleit: Anleger scheinen sich wieder bewusst zu werden, dass die Krise keineswegs vorbei und überwunden ist. Ihre Symptome treten nun wieder deutlich zutage – man denke nur einmal an die maroden Banken im Euroraum, die immer weiter fallenden Kapitalmarktzinsen. Vor allem aber steigen die Kreditausfallsorgen auf den Finanzmärkten. Das ist eine akute Gefahr für das weltweite ungedeckte Papiergeld- oder: Fiat-Geldsystem. Man wird die Gefahr wohl nur entschärfen beziehungsweise erneut einschläfern können, wenn die Zentralbanken erneut die elektronische Notenpresse anwerfen.

Eine wachsende Zahl von Anlegern und Investoren reagiert bereits. Institutionelle Investoren etwa fragen Gold über die Exchange Trade Funds (ETFs) nach. Ihr Einfluss auf den Goldpreis ist beträchtlich, weil die Investitionsvolumina, die kurzfristig bewegt werden können, relativ hoch sind.

In der aktuellen Diskussion über die Bargeld-Obergrenzen sehen einige Marktbeobachter bereits den ersten Schritt zu einer Bargeld-Abschaffung. Ohne Bargeld bliebe Gold der einzige Ausweg, um dem Negativzins und damit der drohenden Enteignung der Bürger zu entkommen. Können Sie diese Argumentation nachvollziehen?

Polleit: Das Bestreben, das Bargeld mit „sanftem Zwang“ zurückzudrängen oder es per Handstreich gar ganz abzuschaffen, ist in der Tat sehr besorgniserregend: Es öffnet einem totalitären Staat Tür und Tor. Vermutlich unterschätzen noch viele Bürger die Gefahr, die ihnen von ihren Regierungen droht. Bei einem Negativzins werden Bankguthaben und Schuldpapiere Verluste bringen. Anleger können auf eine Reihe von Alternativen ausweichen wie zum Beispiel Aktien und Immobilien. Sie können natürlich auch Edelmetalle, allen voran Gold und Silber, halten.

Könnten die Diskussionen über Bargeld-Obergrenzen beziehungsweise Abschaffung mit ein Grund für steigende Goldnachfrage gewesen sein?

Polleit: Vermutlich nicht. Ich denke, die breite Bevölkerung hat angesichts dieser Entwicklungsperspektive ihr Anlageverhalten noch nicht geändert.

Auch Goldminen profitieren vom aktuellen Goldrausch: Die Kurse der Goldminen-Aktien haben sich in den letzten Tagen sogar verdoppelt. Sind diese Aktien nun fair bewertet oder ist da noch Luft nach oben?

Polleit: Zunächst gilt es, die Perspektive zu bewahren. Seit Ende 2011 war die Performance der meisten Goldminen-Aktien desaströs. Nicht wenige sind quasi zum Totalverlust für Anleger geworden. Aus meiner Sicht sind Minenaktien kein „Great Business“. Sie mögen kurzzeitig starke Kurssteigerungen erzielen. Aber langfristig ist es unwahrscheinlich, dass sie überdurchschnittlich hohe Kapitalrenditen erzielen können. Wer Aktien kaufen will, der sollte bedenken, dass es bessere Geschäftsmodelle als Minenunternehmen gibt.

Wie gesagt, das heißt nicht, dass man nicht ab und zu mit Minenaktien viel Geld verdienen kann. Da aber jedes Unternehmen anders ist, sollten Anleger genau hinschauen und auswählen, welches Unternehmen sie kaufen.

Können Goldproduzenten auf dem aktuellen Preisniveau profitabel arbeiten?

Polleit: Unterschiedliche Goldproduzenten haben unterschiedliche Produktionskosten. Ein Goldpreis von 1.250 US-Dollar liegt allerdings bei vielen Produzenten über den Grenzkosten, so dass viele von ihnen die Produktion ausweiten werden. Die positive Nachricht wäre also, dass viele Goldminenunternehmen ihre Verluste verringern. Aber sie erzielen zu aktuellen Preisen noch keine positive beziehungsweise attraktive Rendite auf das eingesetzte Kapital. Gleichwohl mag das schon ausreichen, dem einen oder anderen Aktienkurs zu einer Steigerung verhelfen – schließlich befinden sich viele Kurse nach wie vor auf extrem niedrigen Bewertungsniveaus.

Ist die Konsolidierungswelle auf dem Goldminen-Markt schon vorbei? Und sind Minengesellschaften, die die Goldpreiseinbrüche des vergangenen Jahres überstanden haben, mittlerweile besser aufgestellt als vor den Preiseinbrüchen?

Die extrem niedrigen Zinsen sind eine Chance, aber zugleich auch ein großes Risiko für Minenunternehmen. Die niedrigen Zinsen halten auf der einen Seite das ein oder andere, von der Pleite bedrohte Minenunternehmen künstlich über Wasser. Auf der anderen Seite arbeitet das einer notwendigen Konsolidierung des Sektors entgegen. Zudem verringern die niedrigen Zinsen die Kapitalkosten und verleiten die Minenunternehmen zu zusätzlichen Investitionen, die sich langfristig nicht rechnen. Unter dem Strich bleiben Minenunternehmen ein „riskantes Investment“, das zwar kurzfristig durchaus hier und da hohe Kursgewinne erzielen kann, dass aber langfristig keine überdurchschnittlich hohen Renditen verspricht.

Mir ist natürlich klar, warum viele Anleger, die richtigerweise auf den Werterhalt der Edelmetalle setzen, Minenaktien attraktiv finden. Allerdings möchte ich folgendes zu bedenken geben: (1) Gold ist das ultimative Zahlungsmittel, ist ein quasi „unkaputtbares Geld“. (2) Gold zu halten und in Minenaktien zu investieren, sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Minenunternehmen unterliegen einem Geschäftsrisiko, Gold nicht. Sie können Pleite gehen, Gold nicht. (3) Und Minenunternehmen verdienen nicht notwendigerweise, wenn der Goldpreis steigt: Ein schlechtes Management kann das Unternehmen untergehen lassen, der Staat kann die Produktionskosten in ungeahnte Höhen befördern und einem Minenunternehmen sprichwörtlich das Genick brechen – und das, obwohl der Goldpreis steigt.

Von: Svetlana Kerschner

Quelle: DAS INVESTMENT.

 

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