Das Investment: Die letzten Lümmel von der Bank

sjb_werbung_das_investment_300_200Die Gerüchte um eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank sind logische Konsequenz eines jahrelangen Versagens. Schon als Redakteur Andreas Harms dort noch arbeitete, waren Pleiten, Pech und Pannen an der Tagesordnung. Es hat sich nichts geändert.

Im November 1993 fuhr ich mit meinem alten Opel Corsa aus Berlin zurück in meine Kaserne in Laage, Meck-Pomm. Das Auto hatte noch Vergaser und Choke, manchmal sollte ich Super-Verbleit tanken, damit der Motor nicht so klopft. Die Älteren erinnern sich. Ich hatte damals die Zusage in der Tasche, in der zweitgrößten Bank Deutschlands eine Lehre beginnen zu dürfen, der Dresdner Bank. Ich schreibe ausdrücklich „dürfen“, denn die Bank war ein ehrwürdiges, stolzes Haus. Ich empfand meine Lehre als Privileg. Nur die Deutsche Bank strahlte noch stärker.

Und heute? Aus den Geldmächten ist ein Häufchen Elend geworden. Um Deutsche Bank und Commerzbank ranken sich Gerüchte über eine Notfusion. Eine N O T F U S I O N. Es ist das traurige Finale nach einer Serie von Pleiten, Pech und Pannen und … ich untertreibe mal ein bisschen … einem der größten Versagen in den vergangenen Jahrzehnten.

Ich war bis 2003 in der Dresdner Bank und bekam den Anfang vom Ende hautnah mit. Um die Jahrtausendwende wollte sich die Bank in ein reines Wertpapierhaus wandeln. Kreditgeschäft lief nur noch am Rande. Klar, alle Welt wollte Fonds. Höhere Margen, toll. Nach dem Crash 2003 ging es wieder mit Krediten los. Lage falsch eingeschätzt. Kann ja mal passieren. Und wo die Aktienkurse schon mal im Keller waren: Kunden brauchten plötzlich Garantiefonds. Jetzt. Sicherheit ist wichtig, sagte die Führungsetage. Zu der Zeit hatte ich schon zwei oder drei Kündigungswellen überstanden.

Parallel zu diesem Strategie-Debakel suchte man bereits im Jahr 2000 nach einem Fusionskandidaten. Der Versuch mit der Deutschen Bank ging in die Hose, also erbarmte sich die Allianz und kaufte 2001 die Dresdner. Anschließend griff der neue Eigner in großem Stil Kundendaten ab, indem wir Berater jeden Kunden dem neuen Allianz-Mitarbeiter in der Filiale vorstellen mussten. Ein kurzes Okay, und zack, hatte die Versicherung einen neuen Datensatz. Eigentlich eine ziemlich durchsichtige Aktion. Hat nur im Vorstand keiner gemerkt.

In der Finanzkrise war es dann genug. Der Kaugummi war ausgekaut, und die Allianz gab die nutzlos und teuer gewordene Bank 2008 an die Commerzbank weiter. Die wiederum musste sich vom Staat retten lassen. Parallel dazu begann auch die Deutsche Bank ihren Abstieg.

Wer ein noch schöneres Beispiel für Versagen sucht, wird es in der Wirtschaft kaum finden. Die Vorstände der drei Banken hatten in den 90ern beste Vorlagen: Gute Bilanzen, starke Kundenbindungen, ordentliche Stellung in der Wirtschaft. Doch sie sprangen mit traumwandlerischer Sicherheit in jedes Fettnäpfchen, das sich ihnen bot. Vergessen wir nicht: Das sind nicht irgendwelche Dorftrottel, sondern studierte Manager mit Millionengehältern.

Leider ist Unfähigkeit kein Straftatbestand. Immerhin wurden die Dresdner-Vorstände 2009 komplett gefeuert. Die neun Spezialisten sollten 58 Millionen Euro Abfindungen und Boni kassieren. Einige haben verzichtet.

Normalerweise kommt am Ende eines Kommentars ein Tipp, wie es besser werden könnte. Den gibt es hier nicht. Es bleibt nur die dumpf pochende Erkenntnis, dass wieder einmal eine Gruppe Privilegierter eine ganze Nation zum Narren gehalten hat. Und damit davonkommt. Und dass man einfach nichts, aber auch gar nichts dagegen tun kann.

Ich für meinen Teil bin einmal mehr froh, dass mich die Kündigungswelle Ende 2003 aus der Bank gespült hat.

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Von: Andreas Harms

Quelle: Das Investment

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