Das Investment: Marc Friedrich im Interview „Der Euro liegt bereits seit Jahren auf der Intensivstation“

sjb_werbung_das_investment_300_200   SJB | Korschenbroich, 02.07.2014.Im Gespräch mit DAS INVESTMENT.com erklärt Marc Friedrich, Honorarberater und Co-Autor des Buchs „Der Crash ist die Lösung“, was der einzelne Bürger zur Veränderung des Finanzsystems tun kann, wie er sich auf einen Kollaps vorbereiten kann und was nach dem großen Knall kommen könnte.

DAS INVESTMENT.com: Mittlerweile sind viele Dinge, die Sie in Ihrem ersten Buch „Der größte Raubzug der Geschichte“ beschrieben haben, eingetroffen. Hat Sie die Schnelligkeit überrascht?


Marc Friedrich:
Wir waren sehr überrascht. Im ersten Buch haben wir das Platzen der Dot.com-2.0-Blase richtig prognostiziert, vor dem überteuerten Einstieg des Facebook-Börsengangs gewarnt sowie die Enteignung der Sparer und Bürger auf Zypern richtig vorhergesagt. Die Dynamik und Schnelligkeit des Eintreffens unserer Prognosen hat uns erschreckt und besorgt.

Wir haben ja schon vor Zypern immer betont, dass Geld überall hin gehört, aber nicht aufs Konto. Zypern war dann der Beweis. Diejenigen die ihr Geld auf dem Konto hatten wurden enteignet und mussten abgeben. Diejenigen die clever genug waren und es im Sparstrumpf oder im Schließfach hatten, haben nichts verloren.

Das Zypern Model ist nun seit August 2013 europäisches Gesetz und im Notfall muss jeder Bankkunde mit Summen über 100.000 Euro auf seinem Konto für die Banken bezahlen. Das hat mit Demokratie und Kapitalismus nichts mehr zu tun!

Und nun sind auch kurz nach Erscheinen unseres aktuellen Buches ebenfalls schon etliche Sachen eingetroffen, die wir prognostiziert haben. Das ist schon krass.

Den Euro und die Währungsunion gibt es jedoch immer noch. Nur noch eine Frage der Zeit?

Absolut. Der Euro ist gerade 13 Jahre jung – also im Teenager Alter – und liegt bereits seit Jahren auf der Intensivstation, wurde schon einige Male wiederbelebt und wird seitdem mit immensen Eingriffen künstlich am Leben erhalten. Eines ist klar: Alt wird der Euro nicht.

Es war von Anfang an ökonomischer Irrsinn unterschiedlich starke Volkswirtschaften wie Griechenland, Italien und Spanien mit Volkswirtschaften wie Deutschland und Österreich in ein Zinskorsett zu zwängen. Das bittere und sehr kostspielige Resultat erleben wir gerade alle live. Im Übrigen sind in der Vergangenheit alle Währungsunionen immer gescheitert.

Die Eurorettung ist eine beispiellose Serie von Vertragsbrüchen, Lug und Betrug. Wir erleben momentan Vertragsbrüche von oberster Stelle am laufenden Band. Für mich als überzeugter Demokrat und Europäer ist dies ein ungeheuerer und nicht erträglicher Vorgang.

Der Lissabonner – aber auch der Maastrichter Vertrag – wurde bereits gebrochen. Die Transferunion wurde installiert und die EZB betreibt verbotene monetäre Staatsfinanzierung und kauft allerlei Schrottanleihen auf für die im Extremfall wir alle haften müssen.

Der Euro wird scheitern! Er eint nicht Europa, er zerstört Europa! Schon jetzt opfern wir eine ganze Generation in den Krisenländern um ein nachweislich gescheitertes und politisch motiviertes Währungsexperiment zu stützen.

Millionen von Menschen gehen seit Jahren keiner Arbeit nach und zahlen somit auch nichts in die Rentenkasse ein – da kommt eine Altersarmutswelle auf uns zu, die spätestens dann den Euro ad acta legen wird.

Bei der Europawahl haben die extremen Parteien an Stimmen gewonnen – auch dies haben wir in unserem Buch leider folgerichtig vorhergesagt. Das zeigt die intuitive Unzufriedenheit der Bürger. Demokratie wird nicht mehr gelebt, sondern mit Füßen getreten. Wir haben ein Eliteproblem. Eine brandgefährliche Situation.

Ihr neues Buch heißt „Der Crash ist die Lösung“. Sie sind der Meinung, wir sollten den Kollaps kontrolliert herbeiführen. Wie stellen Sie sich das vor?

Bis 2012 hätten wir das System kontrolliert herunterfahren können, jetzt ist aber zu viel Geld im System. Mit den richtigen Personen an den richtigen Stellen wäre es trotzdem möglich, aber definitiv nicht mit der gegenwärtigen Elite. Die Elite – Politiker, Manager, Banker und Superreiche – profitiert von dem System. Warum sollte sie es also ändern. Es geht primär um Gier und Macht. Der Rest der Bevölkerung bezahlt das.

Noch besser: Man hätte einfach den Kapitalismus wirken lassen und ihn nicht 2008 aushebeln sollen. Wir haben heute keinen Kapitalismus mehr, sondern ein Mix aus Planwirtschaft, Etatismus und Sozialismus. Wie diese Systeme geendet sind ist aus der Vergangenheit allgemein bekannt.

Seit 2008 wird drastisch in die Märkte interveniert: Die Notenbank der USA hat seit 2008 an 85 Prozent aller Handelstage in die Aktienmärkte eingegriffen, es wurden Unternehmen verstaatlicht und Aktionäre enteignet – auch in Deutschland, wie bei der Commerzbank und der Hypo Real Estate. Außerdem wurden Gesetze verabschiedet, die mit Kapitalismus und Demokratie nichts mehr zu tun haben.

Hätte man die Märkte sich bereinigen lassen, dann hätten wir unsere heutigen Probleme nicht. Selbstverständlich wären es harte Jahre gewesen, aber nun haben wir uns teuer Zeit erkauft und die Probleme nicht gelöst, sondern nur in die Zukunft verschoben. Hier türmen sie sich weiter auf und gewinnen an Wucht hinzu. Wenn sie in der Zukunft über uns hereinbrechen, wird die Zerstörungskraft immens sein. Wir alle werden an Wohlstand verlieren.

Die Politik geht Hand in Hand mit der Wirtschaftselite. Zudem besteht eine ungesunde und gefährliche Abhängigkeit zwischen Politik und Finanzbranche. Denn ein Staat finanziert sich einerseits über die Steuereinnahmen der Bürger, anderseits über den Verkauf von Staatsanleihen, also Schuldscheinen. Und wer kauft diese zu 99 Prozent auf? Die Finanzbranche. Der Gläubiger – also die Finanzbranche – diktiert immer, wo es langgeht. Und der Schuldner – also der Staat – muss sich entsprechend verhalten. Frei nach Napoleon: Die Hand die gibt steht immer über der Hand die nimmt.

An dieser Situation hat sich seit 2008 nichts geändert. Es gab zwar vollmundige Versprechen der Politik, dass man die Banken an die Leine nehmen werde. Aber weder die Finanztransaktionssteuer noch Basel III sind realisiert, sondern in die ferne Zukunft verschoben worden. Oder sie wurden durch die Macht der Finanzlobby massiv verwässert

Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, weil die Banken seit 2008 aus den Krisenverursachern zu Krisengewinnern geworden sind. Sie haben sich mit noch mehr billigem Geld vollgesaugt, sind dadurch noch größer und mächtiger geworden und – was ganz wichtig ist – systemrelevanter. Dadurch haben sie ihr Erpressungspotenzial gegenüber den Staaten – aber auch gegenüber den Bürgern – bei der nächsten Krise erhöht. Und die kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.

Wenn Kanzlerin Angela Merkel davon spricht, dass wir vom Euro profitieren, dann stimmt das – aber nur bedingt. Dann spricht sie nur von sich und Ihresgleichen – der Elite und den großen Konzernen. Die Mehrheit der Menschen profitiert nicht vom Euro. Auch das haben wir anhand von öffentlich zugänglichen Daten in unserem neuen Buch bewiesen.

Es gibt viele Ansätze, um aus der gegenwärtigen verfahrenen Lage wieder herauszukommen. Am wichtigsten ist die Abkehr von der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken und das Verbot der Geldschöpfung aus dem Nichts durch die Banken.

Außerdem müssen die Banken schrumpfen, ihre Eigenkapitalquote erhöhen und strenger überwacht werden. Wir sollten zurückkehren zu einer gedeckten Währung und müssen raus aus dem Euro. Dann können die Krisenländer ihre Währung abwerten um Wettbewerbsfähig zu werden. Dann müssen wir den Krisenländern ihre Schulden erlassen, weil sie die niemals zurückzahlen können.

Am Ende wird man aber auch ganz konkret über eine Art Marshallplan für die Krisenstaaten in Europa nachdenken müssen, um die europäische Idee im Kern zu retten und ein nachhaltiges und tragfähiges Wirtschaftsmodell wieder aufzubauen. Denn nur durch Arbeitsplätze entsteht Einkommen, Steuereinnahmen, Binnenkonsum, Wachstum und Wohlstand.

Gehören Sie denn dann jetzt auch zu den Crash-Propheten?

Nein, wir arbeiten immer rein faktenbasiert und grenzen uns deutlich von den Crash-Propheten ab. Wir sind weder Propheten noch Hellseher, sondern lediglich rational denkende Ökonomen und Realisten. Und die Realität sieht nun mal nicht rosarot aus.

Der Titel unseres Buches ist das Resultat der Recherche. Unsere Daten sind öffentlich und im Buch mit mehr als 600 Quellen hinterlegt und somit für jeden nachvollziehbar. Wer glaubt, dass alles beim Alten bleibt und nichts passiert, muss nichts weiter tun. Jeder andere der seine Zweifel hat, sollte die Zeit nutzen und aktiv werden.

Um den Crash heil zu überstehen, empfehlen Sie Investments in Sachwerte wie Silber und Gold. Aber sind solche Edelmetalle nicht auch eine Art Vertrauenswährung wie das Papiergeld? Nimmt das nach dem Crash noch jemand zum Tausch an?

Wir orientieren uns gerne an der Vergangenheit als einen weisen Ratgeber. Die letzten 2000 Jahre haben gezeigt, dass Gold – aber auch Silber – immer einen Wert hatte. Beides ist durch die Natur limitiert.

Und überlegen Sie mal: Was hat Jesus zur Geburt bekommen? Myrrhe, Weihrauch und – portugiesische Staatsanleihen? Nein. Gold! Es hat schon seinen Grund, dass die Zentralbanken alle Gold lagern.

Wir erleben gerade einen epochalen Wandel. Insgesamt ist jetzt nicht mehr die Zeit zur Vermögensvermehrung: Die Zeit der Rendite ist vorbei. Die Niedrigzinsphase der Notenbanken enteignet uns alle. Die Zeit der Vermögenssicherung ist angebrochen.

Wenn der Bürger es schafft 30, 50 oder gar 70 Prozent seines Vermögens zu sichern, kann er sich glücklich schätzen. Bei Währungsreformen verliert die Mehrheit der Menschen meist 80 bis 95 Prozent Vermögen.

Wie sollen Sparer ihr Vermögen denn Ihrer Meinung sichern?

Raus aus Papierwerten, rein in Sachwerte. Dabei gilt: Schuster bleib bei deinen Leisten. Investieren Sie nur in Sachen, die Sie auch verstehen. Sie kaufen sich ja auch kein Handy, das Sie nicht bedienen können. Und hören Sie auf ihr Bauchgefühl.

Der Vorteil von Sachwerten ist, dass sie ihnen direkt dienen und nicht wertlos werden können im Gegensatz zu Papierwerten, wo viele auch noch mitverdienen wollen.

Eine breite Streuung von Investments ist essentiell. Höchstens ein Drittel des Gesamtvermögens sollte in eine Anlageklasse investiert werden, um mehrere Vermögensstandbeine aufzubauen. Beispielweise ein Drittel Immobilien, ein Drittel Gold und ein Drittel Geld.

Wir empfehlen sogar eigentlich eine wesentlich breitere Streuung über zehn und mehr Anlagen. Dann steht das Vermögen erheblich stabiler, auch wenn das eine oder andere Bein wegbrechen sollte. Und es werden Beine wegbrechen.

Was viele vergessen: Banken kreieren Produkte, um Geld zu verdienen. Und kein Geld sollte aufs Konto – siehe Zypern. Das Geld auf dem Konto gehört der Bank. Ich gebe damit der Bank einen günstigen Kredit, der nicht dinglich abgesichert wird.

Und das Gold soll dann im Tiefkühlschrank gelagert oder im Garten vergraben werden?

Jeder muss selber entscheiden, womit er sich wohlfühlt. Liegt es im Tresor bei der Bank, haben Sie zwar den Schlüssel zum Tresor, aber im Notfall nicht zur Bank – siehe Zypern. Wer es zuhause lagert hat die Gefahr von Diebstahl. Auch hier am besten auf mehrere Lösungen setzen und breit streuen.

Und wie geht es nach dem Crash weiter? Wie sieht die Alternative zum jetzigen Finanzsystem aus?

Im neuen Buch haben wir einige Alternativen aufgezeigt. Sicher ist, es wird ein System sein, das die Fehler der aktuellen Zeit nicht mehr haben und eine Mischung aus vielen guten Ideen aus verschieden Denkrichtungen und Schulen vereinen wird.

Wir brauchen Banken. Deshalb schreiben wir in unserem Buch auch, dass wir den Banken die Hand reichen und sie wieder in die Gesellschaft eingliedern müssen, damit sie wieder den Menschen und der Wirtschaft vor allem dienen und nicht nur sich selbst.

Das Trennbankensystem hat lange sehr gut funktioniert. Außerdem sollten Leerverkäufe verboten werden. Generell ethisch und moralisch fragwürdige Geschäfte, die nur der Gier dienen, sollten verboten werden. Wenn der erste Banker oder Fondsmanager mit Haus und Hof haften müsste und folglich in einer Hartz-IV-Wohnung sitzen würde, wäre das ohne Zweifel ein abschreckendes Beispiel.

Für mich gibt es keine systemrelevanten Banken. Die Banken sind das System! Ein neues Finanzsystem sollte fairer, menschlicher und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet sein.

Sind Sie als Fan von Sachwerten dann auch für eine goldhinterlegte Währung?

Eine neue Währung könnte eine Mischung aus vielem sein. Ein neues Geldsystem sollte eine gedeckte Währung sein und nicht nur auf Vertrauen basieren. Sie könnte mit Gold, Rohstoffen und ähnlichem hinterlegt sein.

Sie schreiben, den Wandel dürfe man nicht von der Politik erwarten. Die Parteien dienten dem Geld- und Wirtschaftssystem. Wir sollten selbst aktiv werden. Was kann der einzelne Bürger tun?

Das wichtigste ist Mündigkeit zu erlangen und das Geldsystem zu verstehen. Wir alle haben jeden Tag mit Geld zu tun und sollten daher auch verstehen wie es funktioniert. Erst dann kann sich jeder vor dem Schützen was kommt.

Zudem haben wir den mächtigsten Wahlschein in der Hand: Den Geldschein. Ich kann frei entscheiden, kaufe ich mein Buch bei einem inhabergeführten Buchhandel oder bei einem Onlinehändler, der seine Mitarbeiter schlecht bezahlt und behandelt.

Ich kann tagtäglich entscheiden – mit diesem mächtigsten Wahlschein. Die Bürger müssen bewusster mit dem Geldschein umgehen. Damit kann man der Politik und Wirtschaft durchaus ihre Grenzen aufzeigen und Druck ausüben.

Im letzten Kapitel ihres Buches fordern Sie vor allem mehr Bildung, da sie der Schlüssel zur Moral und einem gesellschaftlichen Wandel sei.

Der Schlussteil ist für ein Sachbuch völlig untypisch und hat viele Leser positiv überrascht. Unsere Recherchen haben ergeben, dass es keine wirtschaftliche Lösung im bestehenden System gibt. Sonst hätte die Politik sie uns schon längst laut und stolz präsentiert.

Seit 2008 wurde lediglich teuer Zeit erkauft auf Kosten der Menschen. Seit Lehman gab es etliche Krisen – Eurokrise, Subprime Krise, Griechenlandkrise, Vertrauenskrise. Wir müssen aber viel tiefer gehen.

Wir haben eine Systemkrise und vor allem eine menschliche Krise und da müssen wir ansetzen. Wir alle sind Teil des Problems und nur wir können auch Teil der Lösung sein. Wir brauchen die menschliche Komponente.

Bildung führt zu Moral und die ist auf der Wohlstandsleiter nach oben verloren gegangen – wie auch umgefallene Moralinstanzen wie Uli Hoeneß, der ADAC und der Bischoff von Limburg beweisen.

Sie kritisieren das Finanzsystem und fordern einen Wandel. Aber unterstützen Sie das System nicht durch Ihre Arbeit als Honorarberater?

Wir predigen nicht Wasser und trinken Wein. Matthias Weik und ich haben keine Aktien im Depot. Wir haben uns zu 90 Prozent aus dem System verabschiedet. Wir haben kein Riester und keine Risikolebensversicherung. Wir haben nur ein Konto – und das auch nur, weil es notwendig ist.

Und was ist, wenn Ihre Kunden Aktien wollen?

Wir sind Honorarberater und beraten zu Finanzstrategien. Wenn Kunden Aktien wollen, ist das okay. Wir zeigen Vor- und Nachteile auf. Auch hier wollen wir Mündigkeit des Kunden beziehungsweise Bürgers. Wir wollen sie aber zum Nachdenken anregen.

Quelle: DAS INVESTMENT.

Annika Teerling

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