Das Investment: Keine Provisionsoffenlegung beim Erstkontakt

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Im Check24-Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) München das Geschäftsmodell des Online-Vergleichsportals bestätigt und lediglich Änderungen bei der Mitteilung der Erstinformation gefordert. „Ein Grundsatzurteil für Versicherungsvermittler und Finanzanlagenvermittler, die über ihre Webseite Verträge vermitteln“, meint Rechtsanwalt Norman Wirth.
Der Fall
Die Check24 Vergleichsportal GmbH wurde vom Bund der deutschen Versicherungskaufleute (BVK) abgemahnt und dann im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses verklagt.

Es ging um Verstöße gegen die Pflicht der deutlichen Übermittlung der Statusinformation als Versicherungsvermittler beim ersten Geschäftskontakt gemäß Paragraf 11 Versicherungsvermittlerverordnung (VersVermV) sowie gegen die Paragrafen 60 und 61 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), die die Beratungsgrundlage und die Beratungs- und Dokumentationspflichten von Maklern regeln.

Einfach ausgedrückt: Es stand in Frage, ob Check24 die übliche Maklerpflicht ausreichend erfüllt, Kunden über seinen Status als Versicherungsvermittler zu informieren. Es stand weiter in Frage, ob die automatisierte Befragung der Kunden und die daraus folgende automatisierte Empfehlung zulässig und Beratung im Sinne des Gesetzes sein können. Damit stand das Geschäftsmodell von Check24, soweit es die Versicherungsvermittlung betrifft, in Frage.

Das Urteil
Das Geschäftsmodell von Check24 wurde auch in der zweiten Instanz grundsätzlich bestätigt. Mit Urteil des OLG München vom 06.04.2017 (Aktenzeichen: 29 U 3139/16) ist insbesondere bestätigt worden, dass die dort vorgenommene Befragung der Kunden und die daraus folgende automatisierte Empfehlung (Robo Advice) zulässig sind.

Auch in mehreren weiteren Punkten hat der BVK verloren. Einige seitens des Klägers geforderte Prüfpflichten hat das Gericht so nicht dem Gesetz (Versicherungsvertragsgesetz – VVG) entnehmen können. So erkennt das Gericht in Paragraf 61 Absatz 1 Satz 1 VVG keine Pflicht des Versicherungsvermittlers zur Prüfung, inwieweit nach der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation Anlass besteht, diesen nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und zu beraten. Das ist insofern auch gut so, da ansonsten nicht nur Check24 ein Mehr an Prüfpflichten beim Kunden erhalten hätte, sondern alle Makler.

Bei einigen ganz konkret ausgewählten Beratungsprozessen auf Check24 wurde vom Kläger moniert, dass bestimmte Fragen dem Kunden nicht gestellt werden, womit ein Verstoß gegen die Befragungspflicht nach § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG vorlag. Schon das erstinstanzliche Gericht folgte dem und verurteilte Check24 diese konkreten Fragen zu ergänzen, was inzwischen  bereits geschehen sein soll. Das betraf zum Beispiel bestimmte Fragen bei der Kfz-Versicherung, wenn es sich um ein Leasingfahrzeug handelte.

Auswirkungen auf die Branche
Das Urteil hat aber auch ganz praktische Auswirkungen für alle, die über ihre Webseite Versicherungen vermitteln. Denn es ging auch um die Frage, wie dem Kunden online die Kundenerstinformation gem. § 11 Versicherungsvermittlerverordnung (VersVermV) mitzuteilen ist. Regelmäßig, so auch bei Check24, findet man diese Erstinformation am Ende der Webseite gesondert oder im Impressum.  Die Erstinformation ist jedoch laut VersVermV dem Kunden in Textform zu übermitteln. Textform heißt, so stellt das Gericht ausdrücklich klar, aktive Übermittlung per Briefpost, E-Mail oder in Form eines obligatorischen Downloads.

Das betrifft nicht nur die Versicherungsvermittler! Auch unter anderem Finanzanlagevermittler mit einer Zulassung nach § 34 f Gewerbeordnung haben nach § 12 Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) die Pflicht der Mitteilung der Statusinformationen in Textform. Auch hier stellt sich mit dem Urteil nun die Frage, ob nicht im Einzelfall Änderungen der Webseiten erforderlich sind.  Es ist nicht auszuschließen, dass zu diesem Thema nun die nächste Abmahnwelle vor der Tür steht.

Provisionsoffenlegung
Eine deutliche Klarstellung erfordert eine Aussage in der Pressemeldung des BVK zu dem Urteil. Dort heißt es „Das Online-Portal muss sich bereits beim Erstkontakt als Makler zu erkennen geben, der nicht nur Preise vergleicht, sondern als Online-Versicherungsmakler Provisionen kassiert.“ Nicht nur, dass das eher dem Sprachgebrauch dogmatischer „Verbraucherschützer“ entnommen scheint, stimmt die Aussage inhaltlich auch nicht. Denn das Gericht sagt mitnichten, dass beim Erstkontakt mitgeteilt werden muss, dass Check24 Makler ist, der „Provisionen kassiert“.

Das Gericht bezieht sich ausschließlich auf die Pflichten zur Kundenerstinformation nach § 11 VersVermV und dort steht zumindest bisher nicht, dass über die Vergütung irgendetwas mitgeteilt werden muss. Erst mit der Umsetzung der IDD in deutsches Recht wird sich das über die noch kommende Änderung auch bei der Erstinformation in § 11 VersVermV Ende des Jahres ergeben. In Art. 19 (1) (d) und (e) IDD  ist die entsprechende Vorgabe zu finden.

Von: Norman Wirth
Quelle: Das Investment

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