Das Investment: „Kaum ein Finanzdienstleister wird ohne CRM-System Erfolg haben“

sjb_werbung_das_investment_300_200SJB | Korschenbroich, 19.08.2015. Wegen sinkender Margen müssen Private Wealth Manager heutzutage zunehmend mehr Kunden betreuen. Zudem wird das Onboarding von der Regulatorik beherrscht. Wer da ohne EDV-Unterstützung auskommen will, hat es schwer. Was Customer Relationship Management leisten kann, erklären Karsten Junge und Ralf Tasak von der Beratungsfirma Consileon.

Seit einigen Jahren verläuft zwischen Befürwortern und Kritikern von Customer Relationship Management, kurz CRM, ein Graben. Während die eine Fraktion mit Steigerung der Kundenzufriedenheit und daraus folgenden Profitabilitätssprüngen argumentiert, führt die Opposition an, dass die Ergebnisse oft in keinem Verhältnis zu den Implementierungskosten stehen und dazu noch tiefe Eingriffe in betriebliche Prozesse erfordern.

Wer hat Recht? Die Antwort ist hier – wie so oft – ein entschiedenes „es kommt darauf an“. Gleichwohl wollen wir versuchen, einige Ansätze herauszuarbeiten, die im Einzelfall helfen können, die Frage zu beantworten.

Was ist CRM?

Als einer der Autoren im Wealth Management tätig war, prangte auf der Visitenkarte die Funktionsbezeichnung „Relationship Manager“. Die Begründung für diesen Anglizismus bekam man gerne auf diversen Vertriebstagungen präsentiert: „wir managen vor allem Kundenbeziehungen – die eigentliche Vermögensverwaltung ist sekundär“. Selbst wenn man diese Einschätzung nicht teilt, dürften doch nur die wenigsten Vermögensverwalter die Bedeutung einer angemessenen Kundenbeziehungspflege vollständig negieren.

Customer Relationship Management will zunächst nichts anderes: gemäß Wikipedia verbirgt sich hinter CRM „die konsequente Ausrichtung einer Unternehmung auf ihre Kunden und die systematische Gestaltung der Kundenbeziehungsprozesse. Die dazugehörende Dokumentation und Verwaltung von Kundenbeziehungen ist ein wichtiger Baustein und ermöglicht ein vertieftes Beziehungsmarketing. In vielen Branchen […] sind Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden langfristig ausgerichtet. Mittels CRM werden diese Kundenbeziehungen gepflegt, was sich maßgeblich auf den Unternehmenserfolg auswirken soll.“

Mit oder ohne EDV-System

Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern von CRM entzündet sich daher weniger an dem hehren Ziel der Kundenbindung, sondern meistens an der Frage, ob man für die oben genannte systematische Gestaltung oder Dokumentation ein EDV-System benötigt. In Bezug auf die Systemdiskussion unterscheidet man zumeist zwischen den folgenden Kategorien:

GRAFIK

System oder kein System – das ist hier die Frage

Es wird kaum ein Unternehmen geben, welches nicht zumindest über eine (EDV-)Kundenkartei verfügt und damit auch ein (operatives) CRM-System betreibt. Ob ein Vermögensverwalter ein umfangreicheres CRM-System benötigt und welchen Umfang das System haben soll, hängt aus unserer Sicht von einer Vielzahl von Variablen ab. Einige der wichtigsten Kriterien sind:

1. Kunden:

Wer zum Beispiel als Tochtergesellschaft eines anderen Unternehmens als sogenannter Captive nur Dienstleistungen für die Mutter erbringt, wird andere Anforderungen an systematisches Kundenbeziehungsmanagement stellen, als ein globaler Wealth Manager, der über Millionen individueller Kundenbeziehungen verfügt.

Die Art der Kunden bestimmt ebenfalls die Nachfrage nach EDV mit: Anbieter, die in einem stark regulierten Markt tätig sind – zum Beispiel im Geschäft mit Retail-Investoren – werden schon alleine aus Dokumentationszwecken nicht an der CRM-Front sparen können.

Als Faustregel mag gelten, dass man in einem Wealth-Management-Umfeld bereits ab zirka 50 Kunden pro Berater in CRM-Kapazitäten investieren sollte. So sind Kundensegmentierung, Zielgruppenbildung- und Management ohne analytisches CRM nur schwer möglich, respektive bleiben sie durch die kursorische Analytik auf der Ebene Bauchgefühl stehen.

2. Mitarbeiter

Für die Dimension Mitarbeiter gilt prinzipiell das Gleiche wie für Kunden: desto mehr Mitarbeiter, desto notwendiger wird ein einheitliches EDV-System, welches durch den Aufbau mit dazu beiträgt, das gewünschte Kundenerlebnis konsistent zu liefern.

Vor allem im B2C-Bereich kann ein professionelles analytisches CRM erheblich dazu beitragen, gewisse Minimum-Vertriebsstandards über sogenannte Kampagnen zu gewährleisten. Dazu kann bei größeren Organisationen die automatisierte Einleitung der Kontaktaufnahme ein ebenso großer Vorteil sein, wie die automatisierte Gesprächs- und Orderaufzeichnung.

Für Unternehmen im B2B-Umfeld kann ein CRM System schon dann lohnend sein, wenn Mitarbeiter gemeinsam einen Großkunden betreuen – die systemseitig gespeicherte Kontakthistorie trägt hier unter anderem dazu bei, die Ansprachen zu koordinieren.

Immer mehr Unternehmen wechseln – auch aus regulatorischen Gründen – von einer rein produkt- oder kennzahlenbezogenen Steuerung hin zu einem aktivitätenorientierten Vertriebsmanagement. In diesem Zusammenhang gewinnt ein per CRM automatisiertes Aktivitäten-Controlling immer mehr an Bedeutung: irgendwann ist eine Steuerung über manuelle Aufschreibung und Excel-Listen nicht mehr sinnvoll.

Fürsprechende Trends

Wir glauben, dass es immer weniger Finanzdienstleister gibt, die ohne ein CRM-System Erfolg werden haben können. Kunden sind immer mehr 24/7/365 online – wer da noch relevant sein will, muss seine Informationen schnell und idealerweise automatisiert und personalisiert über den richtigen Kanal an die richtigen Leute senden. Da hilft ein CRM durch die professionelle Bespielung der vom Kunden präferierten Kanäle .Dazu gilt, dass bei sinkenden Margen oft nur noch mit höheren Kunden-/Mitarbeiterrelationen wirtschaftlich gearbeitet werden kann. Damit wird es ohne EDV-Unterstützung zunehmend schwieriger, regulatorischen Zwängen gerecht zu werden und die Leistungsversprechen einzuhalten.

Regulatorik wird dazu in Bezug auf Stammdaten immer komplexer (Fatca, Emir, Beratungsprotokolle,…). Ohne System sind diese Anforderungen schon heute nicht mehr umsetzbar. So ist heute das Onboarding im internationalen Umfeld ohne einen systemunterstützten Know-Your-Customer-Prozess (KYC) aus Sicht der Compliance-Einheiten de facto unmöglich. Dazu ist es aus Effizienzgesichtspunkten sinnlos, Daten nur für die Regulatoren zu erfassen: jede Eingabe soll und kann prinzipiell die Grundlage für Analytik darstellen.

Letztlich gilt: Auch ein Pilot könnte heute mit Karte, Kompass und Schieblehre navigieren – mit moderner Technik wie GPS ist es aber genauso sicher und ermöglicht zudem den vollen Fokus auf das gesamte Cockpit-Geschehen. So kann man höher, weiter und auch sicherer fliegen.

Im Private Banking gilt es analog: Die richtigen Inputs aus einem System zur richtigen Zeit erlauben es dem Berater, sich voll auf den Kunden einzustellen – und genau das ist Relationship Management. Wenn diese Erkenntnis bei den Nutzern erreicht wird, ist die Frage „Pro- und Contra CRM-System?“ nur noch eine rhetorische.

Genau dies zeigt aber auch, wo der Fokus einer CRM-Einführung liegen muss: Die wesentliche Investition besteht aus der Zeit und den Mitteln, die in das Change Management auf der Ebene der Nutzer fliessen. Denn auch das beste System wird ohne deren Akzeptanz letztlich nur die Erwartungen der CRM-Systemgegner erfüllen.

Über die Autoren:

Karsten Junge ist Partner beim Beratungsunternehmen Consileon und dort auf die Themen Wealth Management und Affluent Banking spezialisiert. Kontakt: karsten.junge@consileon.de

Ralf Tasak ist Principal bei Consileon und Experte für CRM-Systeme. Zuvor war er bei der Deutschen Bank tätig, unter anderem Fachbereichsleiter Customer & Sales Processes. Kontakt:ralf.tasak@consileon.de

Von: Karsten Junge; Ralf Tasak

Quelle: DAS INVESTMENT.

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