Das Investment: Interview mit der Stuttgarter zur Vermittlervergütung: „Wir sind in einer Übergangsphase“

sjb_werbung_das_investment_300_200Das LVRG krempelt die Vergütungsstrukturen in der Lebensversicherung um. Wie gehen Versicherer damit um? Ralf Berndt, Vorstand für Vertrieb und Marketing bei der Stuttgarter Lebensversicherung, zieht ein erstes Fazit.

Das LVRG verlangt für Neuverträge die Reduzierung des Höchstzillmersatzes von 40 auf 25 Promille. Im Versicherungsvertrieb gibt es verschiedene Modelle der Umsetzung. Wie sieht Ihre Lösung aus?

Ralf Berndt: Wir haben die Kalkulation entsprechend der gesetzlichen Vorgaben umgesetzt und den Zillmersatz auf 25 Promille reduziert. In den Courtagevereinbarungen haben wir die Abschlussprovision entsprechend gesenkt. Die Differenz zahlen wir nun als zusätzliche laufende Vergütung über die gesamte Laufzeit des Vertrages.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit Maklern bezüglich der Vergütungsumstrukturierung?

Wir haben sehr umfangreich über die Hintergründe aufgeklärt. Es liegt in der Natur der Sache, dass Vermittler nicht erfreut sind, wenn in ihre unternehmerische Perspektive eingegriffen wird. Das ist verständlich. Wenn im Cashflow zumindest temporär eine Lücke entsteht, kann das problematisch sein.

Die anfängliche Verärgerung ist aber mittlerweile einer konstruktiven Sichtweise gewichen. Die Branche fragt sich generell, wie neue tragfähige Vergütungsstrukturen aussehen könnten, die allen Beteiligten gerecht werden.

Einige Versicherer zahlen die Differenz zu den 40 Promille aus eigener Tasche dem Vermittler. War das keine Option für die Stuttgarter?

Nein. Zum einen ist dies ganz klar nicht im Sinne der Intention des Gesetzgebers, zum anderen wäre das nur dann eine Option, wenn diese Differenz tatsächlich zu Lasten des Ertrags des Versicherungsunternehmens finanziert wird. Dies kann sich aber vor dem Hintergrund der Belastungen der Lebensversicherungsunternehmen aufgrund der Niedrigzinsphase, Stichwort Zinszusatzreserve, und den erhöhten Eigenkapitalanforderungen durch Solvency II kein Unternehmen leisten.

Insofern ist die Weiterzahlung einer Courtage in bisheriger Höhe nur dann vorstellbar, wenn über die Kalkulation der Kunde damit wieder belastet wird. Dies würde aber wiederum gegen die Intention des Gesetzgebers verstoßen.

Und andere Varianten?

Was wir im Moment sehen ist, dass in den Fällen, in denen die bisherigen Courtagehöhen weiter angeboten werden, die Haftungszeiten erhöht werden. Wir haben das erwogen, aber im Vorfeld der Umstellung haben unsere Partner und viele Stimmen in der Branche es unisono abgelehnt, höhere Haftungszeiten zu akzeptieren. Nachdem das LVRG nun Wirkung zeigt, scheint das offenbar ein Teil der Vermittler doch nicht so gravierend zu finden und eine längere Haftungszeit einer Änderung in der Vergütungsstruktur vorzuziehen. Wir sehen aber keine Veranlassung unser neues Modell zu verändern.

Gab es Abwanderungstendenzen in Bezug auf andere Sparten oder Anbieter?

Da nicht alle Versicherer die LVRG-Anforderungen zeitgleich umgesetzt haben und manche wie erwähnt weiterhin 40 Promille vergüten, wählen manche Vermittler kurzfristig durchaus entsprechende Anbieter. Aus der wirtschaftlichen Situation heraus ist das nachvollziehbar. Aber ein Makler darf dabei auch die Interessen seines Kunden und somit die Produktqualität nicht aus den Augen verlieren. Ansonsten stellen wir tatsächlich fest, dass sich Vermittler wieder verstärkt dem Kompositgeschäft zuwenden.

Nehmen die Versicherungskunden die Änderungen aktiv wahr? Sie sollen ja von einer verbesserten laufenden Betreuung profitieren.

Nein, die Wahrnehmung bei den Kunden ist nach unserem Eindruck noch nicht flächendeckend vorhanden. Das hängt insbesondere davon ab, ob und wie die Vermittler die Änderungen bei ihren Kunden kommunizieren. Bei den meisten Vermittlern dürfte sich zudem nicht viel ändern, denn sie haben immer schon auf laufende Betreuung abgezielt.

Dem Kunden könnte das eher in den Vertragswerten auffallen, nämlich bei der Entwicklung der Rückkaufwerte, insbesondere in den ersten zehn Vertragsjahren. Diese sind nämlich deutlich angestiegen, sofern der Versicherer das LVRG konsequent im Sinne der Intention des Gesetzes in seiner Kalkulation umgesetzt hat. Ob die Kunden das aber als positiv wahrnehmen, liegt wiederum an der Thematisierung durch ihre Berater.

Welche mittel- und langfristigen Änderungen erwarten Sie in der Branche bezüglich der Provisionsbilder?

Bei allen neuen Vergütungsformen wird die Verlagerung von Teilen der Abschlussprovision auf eine laufende Vergütung ein Standard sein. Darüber hinaus gibt es zur Zeit Alternativen, wie die verlängerte Haftungszeit. Wir sind jedoch noch in einer Übergangsphase, aber auf dem richtigen Weg. In anderen Sparten wie der Kompositversicherung sind laufende Vergütungen beim Vertriebsweg Makler ja schon lange Usus.

Ich glaube, dass sich angesichts der Marktlage und der Erwartungshaltung der Politik eine Lösung, wie dies die Stuttgarter anbietet, branchenweit durchsetzen wird. Spätestens zum Jahreswechsel sollten fast alle Lebensversicherer ihre neuen Vergütungsmodelle eingeführt haben. Ob das dann einige nicht ganz so verbindlich sehen, wird der Gesetzgeber im Einzelfall beobachten müssen.

Genügt es denn die Vergütung nachhaltig anzupassen? Welche Rolle spielen die Kosten, etwa bei der Verwaltungsquote?

Die Branche hat in den vergangenen zehn Jahren massiv rationalisiert. Die Verwaltungsquote sank innerhalb von zehn Jahren von 3 auf 2 Prozent. Aufgrund der Niedrigzinsphase sind wir natürlich weiterhin gefordert, darüber nachzudenken, wie wir noch weiter Kosten senken können. Hierbei sind nicht nur die Vermittler betroffen, wie beim LVRG, sondern insbesondere auch die Versicherer. Nach unserer Meinung darf dabei aber der Service, insbesondere für unsere Vermittler, nicht leiden.

Die Digitalisierung aller Prozesse – von der Auftragsaufnahme bis hin zur Schadensabwicklung – bietet hier noch weiteres Einsparpotenzial bei den Kosten. Wo das Minimum der Kosten liegt, kann ich nicht sagen, aber irgendwann kommt man in Grenzbereiche, wo weitere Kosteneinsparungen nicht mehr möglich sind. Insbesondere eine professionelle und qualitativ hochwertige Beratung kostet auch Geld.

Eine automatisierte Beratung nur noch mit künstlicher Intelligenz oder Robotern kann und mag ich mir nicht vorstellen. Nicht alles, was technisch machbar ist, ist zweckdienlich für die Beratung. Der menschliche Faktor wird bleiben.

Von: Oliver Lepold

Quelle: DAS INVESTMENT.

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