Das Investment: Vermögensverwaltung: „Die Kunst ist, Fehler zu vermeiden“

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 SJB | Korschenbroich, 26.05.2015. Politische Märkte, Branchen-Regulierung, Inflations-Szenarien: Sechs Experten diskutierten mit DAS INVESTMENT.com über die aktuellen Trends in der Vermögensverwaltung.

DAS INVESTMENT.com: Nach langem politischen Gezerre hat die Große Koalition ihre Arbeit aufgenommen. Sorgt das bei Ihnen eher für ein Aufatmen?

Christoph Benner: Man muss schauen, was in den kommenden Jahren von dem, was im Koalitionsvertrag steht, wirklich umgesetzt wird. Wichtig ist aber, dass wir jetzt eine gewisse Stabilität haben – das ist nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa und weltweit von großer Bedeutung.

Das Signal ist, dass man am eingeschlagenen Weg festhält und damit vor allem auch fürs Ausland berechenbar ist. Zum jetzigen Zeitpunkt, wo wir vielleicht am Wendepunkt der Krise stehen, kann dies international für Vertrauen sorgen.

DAS INVESTMENT.com: Klar ist jedoch auch, dass die Staatsverschuldung alles andere als gestoppt ist.

Nicolas Schmidlin: Das stimmt. Wichtig ist dabei: Einen Schuldenschnitt wie in Griechenland könnte man höchstens noch in Zypern durchführen.

In den anderen Peripherieländern, insbesondere Italien, Spanien und Portugal, hätte man das Problem, dass die Schulden hauptsächlich bei den inländischen Banken liegen.

Ein Haircut wäre in diesem Fall ein Nullsummenspiel: Was der Staat gewinnt, muss bei den Banken rekapitalisiert werden. Sollte die Krise zurückkommen, wären wohl eher Prolongationen das Mittel der Wahl.

Die Laufzeiten der Anleihen würden also immer weiter hinausgeschoben werden. Wir haben diesen Fall schon teilweise bei Anleihen, die nach eigenem Recht aufgelegt wurden, auf mehr oder weniger freiwilliger Basis in Zypern und Portugal beobachten können.

DAS INVESTMENT.com: Und das Zinstief bleibt uns erhalten.

Ralf Borgsmüller: Ja. Von tiefen Zinsen ist weiter auszugehen. Denn die wichtigsten Notenbanken wissen, dass jede Zinserhöhung den Staatsschuldenturm zum Einsturz bringt.

Wir sehen die Marktentwicklung im ersten Halbjahr 2014 alles andere als optimistisch und erwarten, dass die Finanzkrise 2.0 eventuell schon im ersten Quartal einsetzt.

Die EZB wird dann geldpolitisch reagieren müssen, und wir werden durch Aufkäufe von Anleihen mit niedrigen Zinsen nicht nur am kurzen, sondern für die kommenden 12 Monate auch am langen Ende konfrontiert sein.

Langfristig betrachtet gilt dies natürlich nicht, denn wir befinden uns am Ende eines 30-jährigen Zinszyklus mit fallenden Zinsen. Der nächste Zinszyklus wird nach oben gehen und schon in den kommenden Jahren beginnen.

Andreas Meißner: Wenn ich in Spanien oder Italien ansässig wäre, würde ich wohl nicht von einem Zinstief sprechen. Nicht umsonst kommen Unternehmen aus Italien zu uns, um sich hier zu verschulden. Wir werden voraussichtlich eine unterschiedliche Zinsentwicklung erleben.

Deutschland wird sich eher etwas hinauf und die südlichen Länder sich etwas hinab bewegen. Und die EZB wird wohl dann demnächst aus allen 18 Euro-Ländern Anleihen aufkaufen, um eine gewisse Homogenität zu schaffen.

Benner: Diese Annäherung hat übrigens schon begonnen. Der Risikoaufschlag, den Spanien und Italien gegenüber Deutschland hatte, lag bei 10-jährigen Staatsanleihen lange bei 500 oder 600 Basispunkten. Der Abstand liegt jetzt bereits bei nur noch rund 200 Punkten.

DAS INVESTMENT.com: Wenn Sie eine Zwischenbilanz ziehen: Ist das Gros vermögensverwaltender Fonds mit den Marktverwerfungen der vergangenen Jahre gut zurechtgekommen?

Klaus-Dieter Erdmann: Es sind eher einige wenige, die dies zumindest für unseren Betrachtungszeitraum der vergangenen fünf Jahre unter Beweis gestellt haben. Aber es ist zu sehen, dass einige Marktteilnehmer aus den zwei zurückliegenden Krisen der Jahre 2000 und 2008 gelernt und mittlerweile ein Risikomanagement implementiert haben.

Bei vielen steht jetzt der Kapitalerhalt und nicht mehr der Kapitalgewinn im Vordergrund. Da findet ein Umdenken statt. Früher war es so: Wenn ich als Anleger Kapitalerhalt wollte, habe ich Renten gekauft. Wollte ich Kapitalgewinn, musste ich Aktien kaufen. Heute ist das nicht mehr so einfach.

DAS INVESTMENT.com: Ist Gold für Sie noch ein Thema?

Stefan Riße: Ich habe noch größere Goldanteile im Portfolio. Klar ist: Die Notenbanken werden weiter Geld in den Markt pumpen. Das wird irgendwann zu mehr Inflation führen. Wann sie kommt, ist schwer zu prognostizieren.

In der momentanen Phase sind weder eine Krise des Finanz- und Geldsystems noch Inflationstendenzen wirklich spürbar. Das belastet den Goldpreis.

Zudem hat das Fracking in den USA die Energiepreise heruntergedrückt und eine mögliche Inflation weiter in die Zukunft verschoben. Aber sie wird kommen, anders lassen sich die Schulden nicht abbauen.

Als sentimentorientierter Investor spricht für mich noch etwas für Gold: Annähernd alle institutionellen Investoren sind bei Gold negativ gestimmt.
Und wir haben aus Gold-ETFs hohe Abflüsse gesehen. Da möchte ich an den Satz erinnern: Wenn der letzte Optimist zum Pessimisten wird, ist es Zeit einzusteigen.

Meißner: Rein fundamental habe ich selten eine seriöse Einschätzung für den Goldpreis gesehen. Das ist eine mehr emotionale Geschichte: Gold ist schön und glänzt. Man kann zudem nicht einmal im Jahr etwas abfeilen, um einen Ertrag zu gewinnen. Also sollten wir das Thema rein emotional betrachten.

Zum Beispiel im Vergleich zu Staatspapieren: Da stellt sich die Frage, welches Vertrauen ich diesen noch entgegenbringe. Und ob Gold für mich mehr wert ist als ein Stapel Papiere, wo Staatsanleihe draufsteht.

Erdmann: Zurzeit sind sicherlich Aktien das bessere Gold. Doch Gold hat seit 6.000 Jahren immer seinen Wert, und die jüngsten Verluste bezogen sich auf den Preis, aber nicht auf den Wert des Goldes. Das ist wie beim Einfamilienhaus, was mir die Sicherheit bietet, dass ich darin wohnen kann.

Da schaue ich auch nicht täglich auf den Kurs und verkaufe, wenn ich meine, dass die Marktentwicklung gerade nicht positiv ist. Bei vermögenden Kunden halte ich einen Anteil zwischen 5 und 10 Prozent von Gold in physischer Form für durchaus angebracht.

Schmidlin: Die Inflation ist sicherlich unausweichlich, da es die politisch einfachste Lösung ist, das Schuldenproblem in den Griff zu bekommen. Ob jedoch deshalb immer der Griff nach Gold der richtige ist, ist für uns nicht einschätzbar.

Ich persönlich kann keinen fairen Preis für Gold bestimmen. Aus diesem Grund setzen wir in unserem Fonds eher auf Aktien von Unternehmen, die ihre Preise an die Inflation anpassen können.

Borgsmüller: Da gehen wir anders vor. Wir werden unseren Aktienanteil voraussichtlich in den kommenden Wochen auf null reduzieren. Wir haben das bereits zweimal getan, 1999 und 2006. Sicherheit heißt für uns vor allem Liquidität und kurzfristige Anleihen mit Maximallaufzeit bis 2016.

Europäische Anleihen mit bis zu dreijähriger Laufzeit sind aus unserer Sicht sicher, weil wir der Aussage der EZB vertrauen können, dass diese Anleihen in jedem beliebigen Ausmaß nötigenfalls angekauft werden.

Klar ist jedenfalls: Aktien haben in Inflationsphasen sehr schlecht abgeschnitten. Weil es den Unternehmen eben nicht gelingt, zeitnah die Preise im gleichen Maß anzuheben.

Wenn Sie den Zeitraum 1968 bis 1982 anschauen, dann ist der Dow Jones von 1.000 Punkten ausgegangen und wieder dorthin zurückgekehrt. Die Inflation lag in diesem Zeitraum aber bei rund 34 Prozent.

Als Aktienbesitzer haben Sie damit real ein Drittel Ihres Vermögens verloren. Gold hat das Vermögen erhalten, war also der einzige echte Inflationsschutz.

Riße: Hier muss ich widersprechen. Die Beobachtung ist richtig, aber sie gilt für die 70er Jahre, wo die Inflation durch die Notenbanken bekämpft wurde. Wenn wir jedoch eine Zeit haben, in der die Notenbanken der Inflation relativ lange Leine lassen werden, sieht das anders aus.

Um an André Kostolany zu erinnern: Das, was für Aktien schlecht ist, ist nicht die Inflation, sondern das, was die Notenbanken gewöhnlich gegen Inflation tun: nämlich Geld in der Menge zu verknappen und die Zinsen zu erhöhen.

Doch das werden sie zumindest am Anfang nicht tun, und damit werden Aktien als Inflationsschutz sehr wohl funktionieren.

Benner: Mich wundert dieser absolute Pessimismus auch etwas. Als Stockpicker schauen auch wir uns eher die Einzelaktien unter fundamentalen und analytischen Gesichtspunkten an, und da finden wir noch großes Potenzial.

Die Bilanzen vieler Unternehmen sind im Durchschnitt gesund, das sieht bei den Staaten anders aus. Die Unternehmen haben ihre Lehren aus dem Krisenjahr 2008 gezogen, sie haben ihre Hausaufgaben auf der Kostenseite gemacht, und ihre Bilanzen geben auch wieder Investitionen her.

Schmidlin: Auch wir wählen nur Aktien von Unternehmen, die über eine starke Bilanz verfügen. Vor Erwerb eines Unternehmens ist für uns grundsätzlich das Vorhandensein einer Unterbewertung notwendig. Wenn man nur auf breite Indizes setzt, ist einem wenig geholfen.

Der Dax etwa enthält viele Unternehmen, die bei einer Inflation Schwierigkeiten haben könnten, Preissteigerungen weiterzugeben. Das heißt: Wer einen ETF kauft, macht sich die Sache zu einfach.

Erdmann: Richtig. Auch wenn zurzeit einige Professoren postulieren, dass Anleger damit gut bedient wären, drei Assetklassen auszuwählen und jeweils mit einem ETF zu bestücken. Dies wird dann die entsprechenden ernüchternden Ergebnisse bringen.

Wir befinden uns zudem in einer Phase, in der die Vermögensverwalter aufgrund ihres konservativen Ansatzes deutlich hinter den Aktienmärkten herlaufen.

Wird da nur auf die kurzfristige Performance geschaut, sehen die passiven Investments zunächst besser aus. Das ändert sich schnell, wenn der Wind wieder dreht.

DAS INVESTMENT.com: Legen Sie Ihren Anlegern ans Herz, über Short-Positionen auch von fallenden Märkten zu profitieren?

Borgsmüller: Bei unseren Vermögensverwaltungskunden gehen wir grundsätzlich keine Short-Positionen ein. Wir haben einen Hedgefonds, den PSM Macro Strategy Fund, mit dem wir das zu gegebener Zeit tun werden.

Es ist interessant zu sehen, dass mittlerweile 60 Prozent der Neuemissionen in den USA keine Gewinne machen. Genau wie 1998, 1999 und 2000.

Und wir haben die Gelddruckmaschine der Fed, das ist neu. Wir sind damit im Land der Experimente.

In diesem Zusammenhang können die Bewertungen und Sentiments weiter überdrehen. Was das bedeutet, kann keiner wirklich wissen.

DAS INVESTMENT.com: Orientieren wir uns mal weg von Europa und den USA: Die Emerging Markets waren lange Hoffnungsträger auch für viele private Anleger – und boten eine veritable Salesstory. Dann sorgten sie, allen voran China, für schlechte Nachrichten.

Wie beurteilen Sie die jetzige Situation?

Riße: Natürlich bietet China prinzipiell weiterhin beste Wachstumsaussichten, und man müsste dort eigentlich kaufen. Doch wird dort mit dem Versuch, die Schattenbanken auszutrocknen, immer noch viel Geld in der Realwirtschaft oder im Immobilienmarkt absorbiert, womit keine Überschussliquidität für Aktien gegeben ist.

Und welchen Zahlen kann man vertrauen? Wenn Wiesbaden sechs Wochen benötigt, um das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland zu berechnen, und das riesige China dafür zwei Wochen braucht, ist das Ergebnis wenig glaubhaft.

Benner: Und wie sind denn die Emerging Markets genau definiert? Das ist ein extrem heterogenes Feld. Erst waren es die BRIC-Staaten, dann die Next-11, jetzt sind es die MIST-Staaten. Da beschleicht einen schon das Gefühl, dass es sich dabei auch um Marketing-Begriffe handelt.

Riße: Und bitte generell beachten – immer wenn die Zertifikate-Industrie verstärkt Produkte für diese Märkte auflegt, auf keinen Fall mehr kaufen.

Meißner: Die politische Dimension ist bei Schwellenländerinvestments nicht zu ignorieren. Schauen Sie etwa nach Brasilien: Dort gibt der Staat dem Ölkonzern Petrobras die Preise vor. Darauf haben wir als Anleger keinen Einfluss.

Oder nehmen Sie Argentiniens Zwangsverstaatlichung: für Investoren der absolute Super-Gau.

Unsere Aufgabe ist doch, immer auch die Risiken zu sehen. Denn wann hat der Anleger denn Emerging Markets, aber auch Währungen oder Gold gekauft? Immer beim Höchststand der Märkte.

Schmidlin: Wir sollten aber auch einbeziehen, dass eine Investition in Schwellenländern nicht zwingend eine Direktinvestition in Unternehmen aus diesen Ländern bedeuten muss.

Investoren, die beispielsweise Lateinamerika ins Portfolio aufnehmen möchten, können sich genauso in Spanien und Italien umschauen.

Dort haben wir beispielsweise große Versorger und Telekoms, die einen Großteil ihrer Umsätze in Südamerika erzielen. Und Deutschland hat als Exportnation beispielsweise ein großes Exposure in Richtung Asien.

Bei direkten Investitionen in Schwellenländern erfordern vor allem Corporate-Governance-Themen häufig eine besonders tief gehende Analyse auf Einzeltitelebene.

Man muss sich die Frage stellen, ob die aktuellen Bewertungsabschläge in den Emerging Markets diese Risiken ausreichend kompensieren.

Borgsmüller: Wir können es doch so festhalten: Wer mit großen Schwankungen leben kann und Zeit mitbringt, ist in den Emerging Markets gut aufgehoben.

Wer aber wie die meisten Vermögensverwalter aufgrund der Kundenpsychologie einen ein- oder zweijährigen Horizont hat, müsste versuchen, eine Investition vom Timing her hinzubekommen. Da wird es dann schwierig.

Ein weiterer Punkt: Die dramatische Abwertung des Yen gegenüber den wichtigsten Währungen auch in Asien setzt die dortigen Länder stark unter Druck.

Die Japaner exportieren über den Yen faktisch Deflation. Das trifft die Haupthandelspartner wie Taiwan und Korea, aber auch Deutschland.

DAS INVESTMENT.com: Eine Zeit lang wurde diskutiert, ob in vermögensverwaltende Fonds auch Real Assets wie Immobilien aufgenommen werden sollten.

Viele offene Immobilienfonds haben aber nicht gerade eine Erfolgsgeschichte hinter sich, und bei ihnen haben auch viele Experten danebengelegen.

Erdmann: Das hatte weniger damit zu tun, dass sich die Experten verschätzt haben, sondern damit, dass offene Immobilienfonds als Geldmarktfonds missbraucht wurden. Und die Auffassung, ein illiquides Investment täglich liquide haben zu wollen, funktioniert nun mal eben nicht. Die Anlageklasse als solche halte ich nicht für schlecht.

Meißner: Einspruch. Wird ein offener Fonds geschlossen und müssen die Immobilien im Portfolio verkauft werden, sind Abwertungen von 20 oder 30 Prozent schon fast die Regel.

Da stellt sich die Frage, ob die Manager so schlecht im Vergleich zu den Fonds waren, die immer noch offen sind – und bei denen die Objekte weiterhin regelmäßig von den Gutachtern höher bewertet werden. Da hat man doch den Verdacht, dass einiges schöngerechnet wird.

Riße: Ich erinnere mich an ein Frankfurter Büroobjekt, bei dem man einen Fünf-Jahres-Mietvertrag bekam. In den ersten beiden Jahren musste man allerdings keine Miete zahlen. Aus einem einfachen Grund: Der Mietpreis für den Quadratmeter wäre gesunken, wenn man die Miete auf die fünf Jahre verteilt hätte. Der Besitzer war ein offener Immobilienfonds.

Schmidlin: Zudem sollte man sich vor dem Hintergrund der Staatsschuldenkrise klarmachen, dass Immobilien ein nicht transportables Gut sind – wie der Name ja schon sagt. Das ist Kapital, das nicht fliehen kann. Daher könnten Immobilien frühzeitig Ziel von Steuererhöhungen oder Sonderabgaben sein.

DAS INVESTMENT.com: Stichwort Staatsintervention: Wie bewerten Sie die Regulierung Ihrer Branche?

Benner: Im Ansatz ist die Regulierung sicherlich richtig gewesen, sie schießt aber über das Ziel hinaus.

Sie verhindert beispielsweise, dass neue Boutiquen und Vermögensverwalter an den Markt kommen weil man sich die vielen Hüte gar nicht mehr alle aufsetzen kann, die gefordert werden.

Es mögen deswegen bei den Regulierungsinstanzen Umdenkprozesse in Gang kommen: Dies alles wieder zurückzuschrauben, wird nicht einfach sein.

Meißner: Ich bin von der Regulierung maßlos enttäuscht. Kernbotschaft war, dass man den Anleger schützen wollte. Doch was passiert, ist, dass die Banken jetzt Beratungsgespräche abwenden. Eine Aufklärung des Anlegers, was er mit seinem Geld tun sollte, findet jetzt nicht mehr statt.

Und wenn ich im Koalitionsvertrag lese, dass man den Verbraucherzentralen eine Kontrollfunktion geben will, kann ich auch nur die Sinnfrage stellen. Die Verbraucherzentralen erreichen doch nur Kunden, die sich beschweren und bei denen das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Doch wir erreichen die Kunden, bei denen erst gar nichts passieren soll.

Deswegen würde ich mir wünschen, dass politische Arbeitskreise mit Praktikern besetzt werden. Ich würde lieber einen Revisor einer deutschen Bank und einen Vermögensverwalter aus dem VUV als zwei Vertreter von der Verbraucherzentrale in den Gremien sehen.

Borgsmüller: Es ist auch nicht einzusehen, dass ein großer Bereich gar nicht reguliert wird – nämlich die Schattenbanken. Dort liegen echte Systemrisiken.

Die kleinen deutschen Verwalter, die gerade einmal 3 Prozent des deutschen Geldvermögens betreuen, werden aber herangezogen. Das ist nicht verhältnismäßig.

Erdmann: Einen positiven Aspekt sehe ich aber auch – ähnlich wie bei der Abgeltungssteuer, die den wunderbaren Nebeneffekt hatte, dass vermögensverwaltende Fonds an den Markt gekommen sind, was zu einer Demokratisierung dieser Leistung und zu einer neuen Transparenz geführt hat.

Wenn das Anlageberatungsgeschäft nun mehr oder weniger wegfallen sollte, wo der Anleger zumeist ohnehin nur mit Marketingmaterial ausgestattet und irgendwo hineingetrieben wurde, muss der Kunde sich jetzt entscheiden, ob er selbst sein Portfolio strukturiert – dann ist das Klumpenrisiko zwischen seinen Ohren.

Oder er entscheidet sich, dies an Fachleute zu delegieren. Die Zwischenlösung hat meines Erachtens für viele Kunden zu Anlagefehlern und Enttäuschungen geführt.

Meißner: Generell muss die Erwartungshaltung des Anlegers geschärft werden. Es ist ja nicht die Kunst, ob man entweder 4 oder 5 Prozent Plus erwirtschaftet, sondern dass man die großen Fehler vermeidet.

Für alle von uns hier am Tisch spricht, dass wir momentan keine Bitcoins und auch nicht unkritisch Mittelstandsanleihen kaufen. Genau das macht aber derzeit der Privatanleger. Er nutzt irgendwelche Internet-Foren einer zweitklassigen Bank, wo Wunderdinge behauptet werden.

Riße: Bitcoins sind die Tulpen-Spekulation des 21. Jahrhunderts. Doch jetzt springen sogar manche Volkswirte auf den Zug auf und postulieren, dass Bitcoins wie Gold zur neuen Währung werden könnten, die das von Staaten kontrollierte Papiergeld ablösen. Vor diesem Mummenschanz ist ausdrücklich zu warnen.

Von: Markus Deselaers

Quelle: DAS INVESTMENT.

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