Das Investment: Morningstar präsentiert neues Rating-Tool für Fonds

sjb_werbung_das_investment_300_200Das Geschäftsgebahren eines Unternehmens hinsichtlich der Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung steht bislang vor allem für institutionelle Investoren im Fokus.

Doch laut Morningstar-Deutschlandchef Werner Hedrich wird es auch immer wichtiger für deutsche Privatanleger und Finanzberater.

DAS INVESTMENT.com: Welche Rolle spielen so genannte ESG-Kriterien für deutsche Fondsanleger heute?

Werner Hedrich: Institutionelle Investoren schauen bereits heute sehr genau auf ESG-Kriterien. 

Denn viele von ihnen verpflichten sich, die United Nations Principles for Responsible Investment (UNPRI) zu befolgen. Für Privatanleger und ihre Berater dagegen bestand bisher unter anderem das Problem, dass es für den breiten Markt der „normalen“ Publikumsfonds gar keine ESG-Ratings gab. Doch jetzt stehen auch ihnen entsprechende Informationen marktbreit zur Verfügung.

Am deutschen Markt sind ESG-Publikumsfonds bisher eine Marktnische geblieben. Wie bewerten Sie die zukünftige Entwicklung in Deutschland?

Hedrich: Wir würden unser neues Angebot nicht an den Markt bringen, wenn wir keine entsprechend hohe Nachfrage danach erwarten würden. In der Vergangenheit wurden wir von vielen Investoren darauf angesprochen. Das Interesse wird immer größer. Um die Privatanleger und Berater mit entsprechenden Informationen für möglichst viele aktiv gemanagte Investmentfonds und ETFs zu versorgen, sind neue Tools notwendig.

Welche neuen Informationen vermittelt Ihr neues Fonds-Tool im Vergleich zu klassischen quantitativen Kennzahlen und qualitativen Manager-Ratings?

Hedrich: Unser klassisches Sterne-Rating bewertet die historische risikoadjustierte Performance eines Fonds innerhalb seiner Morningstar-Kategorie oder Vergleichsgruppe. Unser Analysten-Rating stellt die Einschätzung unseres Analystenteams für die Zukunft eines Fonds dar. Das neue Nachhaltigkeits-Rating und Scoring sagt über solche Rendite- und Risikogesichtspunkte dagegen nichts aus, sondern stellt nur die Bewertung des aktuellen Portfolios nach ESG-Kriterien für die enthaltenen Aktien beziehungsweise Anleihen dar, die in den bisherigen Ratings überhaupt nicht vorkam.

Wie sollten Anleger das neue Nachhaltigkeits-Rating mit den bisherigen Bewertungen kombinieren und künftig bei ihren Entscheidungen konkret berücksichtigen?

Hedrich: Das muss jeder Anleger selbst für sich entscheiden. Wir geben ihm nur eine neue Hilfe an die Hand. Er kann beispielsweise schnell prüfen, wie nachhaltig sein aktuelles Fondsdepot zusammengestellt ist. Er kann darauf aufbauend mögliche Kandidaten für einen Fondstausch auswählen oder sich für sein Portfolio ein Zielniveau hinsichtlich des ESG-Ratings setzen und im Zeitablauf kontrollieren. Und bei der Recherche vor dem Neukauf von Fondsanteilen kann er sich Produkte mit möglichst hohem ESG-Wert anzeigen lassen oder ein bestimmtes Rating als Mindestvoraussetzung vorgeben.

Termin für weltweiten Start

Wie werden die neuen Nachhaltigkeits-Ratings berechnet?

Hedrich: Die von uns verwendeten mehr als 4.500 Firmen-Ratings stammen von dem globalen Research-Haus Sustainalytics. Deren derzeit 120 Analysten überprüfen seit mehr als 20 Jahren weltweit Unternehmen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit anhand von rund 70 Indikatoren. Mittels unserer hauseigenen Daten zu den Portfolios von mehr als 200.000 Anlageprodukten entsteht das neue Fonds-Rating. Voraussetzung dafür ist aber, dass mindestens die Hälfte der anteilsgewichteten Portfoliotitel ein ESG-Scoring aufweisen. Und ein solches Rating muss bei mindestens zehn Produkten der jeweiligen Peergroup vorliegen, um ein Rating von ähnlich anlegenden Fonds zu ermöglichen.

Und gibt es Ausschlusskriterien oder wird ein „Best in class“-Ansatz verwendet?

Hedrich: Es gibt keinerlei Ausschlusskriterien für bestimmte Sektoren der Ölbranche. Um einmal bei diesem Beispiel zu bleiben: Vergleichsweise sehr nachhaltig wirtschaftende Ölfirmen können zwar ein gutes ESG-Zeugnis erhalten. Allerdings haben diese Unternehmen mitunter einen hohen Controversial Score. Dieser Wert bemisst sich aus der Medienauswertung von Negativmeldungen über ESG-Themen und wird von den kapitalgewichteten ESG-Scorings der einzelnen Portfoliotitel wieder abgezogen.

Wann planen Sie, die neuen Ratings zu Nachhaltigkeitskriterien in Deutschland zu veröffentlichen? Und wie sollen die neuen Nachhaltigkeits-Ratings auf der Morningstar-Internetseite künftig dargestellt werden?

Hedrich: Der weltweite Start des neuen Morningstar-Ratings ist am Donnerstag geplant. Künftig werden diese neuen Nachhaltigkeitsnoten in Form von Weltkugeln neben den bisherigen Ratings dargestellt. Die beste beziehungsweise schlechteste Note von fünf beziehungsweise einer Weltkugel gibt es für das obere beziehungsweise untere Zehntel der Rangliste für die jeweilige Peergroup. Vier beziehungsweise zwei Weltkugeln erhalten die jeweils schlechter beziehungsweise besser platzierten 22,5 Prozent. Die restlichen 35 Prozent der Vergleichsgruppe werden durch drei Weltkugeln gekennzeichnet.

Von: Christian Hilmes

Quelle: DAS INVESTMENT.

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